„Erwachsen werden macht keinen Sinn“ – die Atzen im Interview

Sieben Jahre war es (vermeintlich) ruhig um die Techno-Rap-Helden. Nach ihrem 2019-Hit „Ballern“ sind die Atzen jetzt mit „Alles Baba“ am Start und donnern uns die gewohnte Ladung Hardcore Party entgegen. Was Manny Marc und Frauenarzt die letzten Jahre so gemacht haben und wieso ihre Häuser durchsucht wurden, erzählen sie uns im Interview.

 

ZEITjUNG: Hey das geht ab!
Die Atzen:
Wir feiern die ganze Nacht.

Immer noch?
Klar, wir sind nonstop unterwegs und treten jedes Wochenende irgendwo auf. Wir haben zwar jetzt sieben Jahre nichts Neues rausgebracht, aber still um uns war es nie. Wir hatten Auftritte von Mallorca bis Österreich, Schweiz und Deutschland, wir waren auf Technofestivals und, und, und… Wo Party ist, sind auch wir.

Nach diesen sieben Jahren kam erst die Single „Ballern“ raus, seit ein paar Tagen steht ihr mit „Alles Baba“ am Start. Warum genau jetzt?
Wir hatten einfach Bock. Wir hätten natürlich schon lange vorher was rausbringen können, aber wir wollten nichts unter Druck produzieren. Der Song ist einfach so passiert. Und wir denken, dass die Menschen diese Lockerheit spüren oder sehen auf der Bühne – dass es uns eben nicht nur ums Geld verdienen geht.

Was erhofft ihr euch mit dem Comeback?
Dass die Leute schön darauf abfeiern und eine gute Zeit haben. Wir finden es immer noch krass, wie jedes Jahr an Silvester so viele Party People mit unseren Songs ins neue Jahr starten. Das macht uns echt glücklich.

Stimmt, die werden echt jedes Jahr wieder gespielt…
Das Geile ist: Als „Disco Pogo“ vor zehn Jahren rauskam, waren viele unserer Fans erst um die 12 Jahre alt. Jetzt sind sie 24, erinnern sich an uns und dürfen nun endlich so richtig dazu abfeiern. Oder die, die damals schon älter waren, feiern jetzt vielleicht mit ihren Söhnen bei uns ab. Woah, wir wollen gar nicht wissen, wie viele Kinder zu unserer Musik gezeugt wurden.

Ist „Alles Baba“ auch ein Silvester-Song?
Naja, er ist schon ein bisschen anders als seine Vorgänger. Obwohl der Drop richtig reinknallt, ist er sehr melodiös und echt mal was Neues. Aber wir bleiben unserem Atzen-Style im Grunde natürlich treu.

Passt denn der Atzen-Style überhaupt noch in die Zeit?
Wir denken schon. Unsere Community und wir waren schon immer bunt, frei und kreativ, jeder ist willkommen – und das ist aktueller denn je. Es geht darum seinen eigenen Style zu finden und in unserer Individualität alle gleichwertig zu sein. Und außerdem klingt auf Spotify momentan alles viel zu melancholisch und depressiv. Die Zeit für Hardcore Party ist immer.

Was war zuerst: Hardcore Party oder die Songs?
Das können wir gar nicht genau sagen. Es ist ein Teufelskreis. Partys inspirieren Songs und Songs inspirieren neue Partys. Da kommen wir nicht mehr raus, aber wollen wir auch gar nicht. Alles ist bloß ein großes Wort, das uns auf der Stirn klebt: PARTY.

Denkt ihr jemals übers Aufhören nach?
Niemals. Wie gesagt, es ist ein Teufelskreis und es gibt kein Gegenmittel. Es macht zu viel Spass.
Wir werden das mit ins Grab nehmen.

Nehmt ihr euch ab und zu eine Auszeit?
Brauchen wir nicht. Wir haben ja das Hobby zum Beruf gemacht. Kaum sind wir still, kribbelt es unter den Fingern und wir müssen weitermachen.

Was macht ihr, wenn ihr doch mal eine Pause habt?
Feiern.

Okaaay und abgesehen davon?
Dann machen wir den „Longman“ auf der Couch. Bisschen die Seele baumeln lassen. Oder gehen paar Tage ins Sauna Paradies. Dann wird aber schnell wieder durchgestartet.

Hättet ihr damals vor zehn Jahren einen Plan B zur Musik gehabt?
Pförtner zu sein, wäre cool. Einfach rumsitzen, Filme glotzen und so lange ins Handy schauen bis die Augen tränen und der Kopf weh tut. Aber es ist gut, haben wir Musik gemacht. Die Welt brauchte das.

Warum?
In der Zeit, in der wir angefangen haben, gab es in der Hip Hop und Rap-Szene in Deutschland nur diesen eintönigen Straßenrap. Jeder wollte Bushido kopieren, es war ein riesiger Einheitsbrei. Klar war Gutes dabei, aber die Menschen brauchten was richtig Positives, etwas zum lachen und ablenken. Wenn sie den ganzen Tag geackert haben, wollen sie doch abends einfach mal die Drecksauparty rauslassen. Und da kamen wir mit unserem expliziten, deutschen Techno-Rap ins Spiel. Die Leute feierten ab, die Behörde hatte so ihre Mühe.

In eurer Doku erzählt ihr, dass deshalb Hausdurchsuchungen bei euch und anderen deutschen Rappern stattgefunden haben?
Genau. Damals kannte man vor allem den Amerikanischen Rap oder diesen Larifari-Studenten-Rap von Fettes Brot und Fanta 4 aus Hamburg und Stuttgart – und plötzlich kamen wir mit expliziten, deutschen Texten um die Ecke. In dem Moment, in dem die Behörden und die Medien verstanden, was da gerappt wird, drehten alle ein bisschen durch und fürchteten sich um ihre Jugendlichen. In dieser sogenannten Indizierungswelle wurden dann alle unsere Häuser durchsucht. Aber wir haben das gut überstanden und im Grunde für alle heutigen Rapper, die ja mittlerweile viel krasseres Zeug rauslassen, die Tür geöffnet – dass sie jetzt sogar mit Charts-Plätzen schön viel Geld kassieren können. Und wir sind immer noch da.

Stimmt. Werden denn Atzen jemals erwachsen?
Nein. Warum sollte man erwachsen werden? Das macht gar keinen Sinn.

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Bildquelle: Christian H. Hasselbusch