Nachhaltigkeit: EU will Vernichtung neuer Klamotten stoppen

Durch eine überarbeitete Verordnung der EU soll in Zukunft die Vernichtung neuer Klamotten verboten werden. So soll umweltfreundlicher eingekauft werden. Doch ob es den Konsum reguliert, ist fragwürdig.

Jährlich werden 230 Millionen Textilien nicht verkauft – und das nur in Deutschland. Die Klamotten und Schuhe landen entweder im Schredder oder in der Müllverbrennungsanlage oder werden als Billigware ins Ausland verkauft. Das ergab eine Hochrechnung des Bayerischen Rundfunks, basierend auf Zahlen des Marktforschungsinstituts Euromonitor International aus dem Jahr 2019. In der EU entstehen laut Europäischer Kommission jedes Jahr 12,6 Millionen Tonnen Textilmüll, davon werden gerade mal 22 Prozent wiederverwertet oder recycelt. Der Rest wird geschreddert oder verbrannt. Ein großes Problem sind Retouren. Eine Rücksendung kostet ein Unternehmen im Schnitt zwischen fünf und zehn Euro. Die Vernichtung der Kleidung ist für die Unternehmen noch am günstigsten, sie zu recyclen oder wenigstens zu spenden kostet deutlich mehr.

Vernichten verboten

Doch damit soll jetzt Schluss sein, zumindest in der EU. Die Europäische Union will größeren Händlern in der EU die Vernichtung neuer und unverkaufter Klamotten verbieten. Dabei sollen die neuen Ökodesign-Vorschriften helfen, auf die sich EU-Parlament und Länder geeinigt haben. Das Ziel der überarbeiteten Verordnung ist, dass Produkte leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können und insgesamt weniger Ressourcen verbrauchen. „Mit der Ökodesign-Verordnung schiebt die EU damit dieser unglaublichen Praxis endlich den Riegel vor“, sagte Anna Cavazzini, Grünen-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, der Tagesschau.

Das Verbot soll zwei Jahre nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist Anwendung finden. Für kleinere Unternehmen gelten Ausnahmen und für mittlere Unternehmen gilt eine Übergangsfrist von sechs Jahren. Dem expliziten Verbot der Vernichtung müssen Parlament und EU-Staaten noch zustimmen, das ist jedoch nur Formsache. Zu Beginn betrifft das Verbot Klamotten, Schuhe und Bekleidungszubehör, aber in Zukunft soll das Verbot auch andere Produkte treffen können. „Wir als Parlament haben einen sehr großen Fokus darauf gelegt, dass besonders solche Produkte zuerst behandelt werden, die den größten Klima-Impact haben“, so Cavazzini. Außerdem sollen Produzent*innen dazu verpflichtet sein, anzugeben, wie viele Produkte sie entsorgt haben und auch warum.

Ein weiterer Punkt der neuen Ökodesign-Vorschrift ist der sogenannte „digitale Produktpass“. Dieser Pass soll es Konsument*innen erleichtern, die Nachhaltigkeit der Produkte zu vergleichen. Dazu soll ein Reparaturindex angeben, wie leicht sich ein Produkt wieder reparieren lässt.

Gelingt so nachhaltiger Konsum?

Es ist jedoch unklar, ob das Verbot zu einem nachhaltigeren Konsum führt. Manche Forscher*innen fordern daher feste Retourenkosten: „Aus unserer Perspektive ist der einzige Hebel, Gebühren einzuführen – als Steuerungswerkzeug, dass man sich bewusst ist: Ich verursache Kosten und Ressourcenverbrauch“ sagt Marco Atzberger vom Handelsforschungsinstitut EH im Gespräch mit Deutschlandfunk Nova. Jedoch hätten viele Unternehmen aus Marketing- und Umsatzgründen Angst, eine feste Gebühr einzuführen. Selbst bei vorgeschriebenen Retourenkosten würden Händler*innen alles Mögliche versuchen, um diese Gebühren für die Kund*innen zu umgehen, so der Handelsexperte.

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Bildquelle: Tom Fisk, via Pexels; CC0-Lizenz