7 Fragen, 7 Antworten: Wie sieht die Utopie von Extinction Rebellion aus?

Sie ketten sich vor Rathäusern zusammen, blockieren Autobahnen und zuletzt den Potsdamer Platz. Die Gruppe „Extinction Rebellion“ aus Großbritannien sorgte in den letzten Wochen immer wieder für Aufsehen. Durch die Aktionen fordern die Protestierenden ein schnelles Handeln beim Klimaschutz, sie kämpfen gegen „die Auslöschung der Menschheit“, wie es in ihrem Programm heißt. ZEITjUNG hat mit Susanne Egli, einem Mitglied der Münchener Ortsgruppe von „Extinction Rebellion“, über die Ziele und Utopien der Gruppe gesprochen.

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Wie bist du zu „Extinction Rebellion“ gekommen?

Seit den Protesten von Extinction Rebellion im April in London hatte ich die Gruppierung auf dem Schirm. Danach habe ich aber nicht explizit danach gesucht, ich bin nur auf einer anderen Veranstaltung einigen Mitgliedern der Gruppe begegnet. Die waren so nett und engagiert, dass ich mich genauer mit der Gruppierung und ihren Zielen befasst habe.

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Was hat es mit den drei Forderungen auf sich?

Wir von Extinction Rebellion stellen drei Forderungen, für deren Durchsetzung wir uns engagieren. Die Erste ist, dass die Politik den Bürgern die Wahrheit sagt. Was ist wirklich los, wie groß ist die Krise tatsächlich? Die Menschen müssen Bescheid wissen, dass wir, wenn wir so weiter machen, bald mit Lebensmittel- und Wasserknappheit und mit einer Massenmigration zu kämpfen haben. Es gibt ein paar Wendepunkte, bis dahin muss sich etwas verändert haben, sonst drohen der Welt schwerwiegende Konsequenzen.

Die zweite Forderung ist deswegen auch die der CO2-Neutralität bis zum Jahr 2025.

Und unsere dritte Forderung ist die nach Bürgerversammlungen. Wir möchten, dass Vertreter aus allen demographischen Schichten zusammen mit unabhängigen Wissenschaftlern an der Entscheidungsfällung mitarbeiten. In Irland gab es so eine Art Politik schonmal, als über ein Gesetz zur Legalisierung von homosexueller Ehe entschieden wurde, das hat super funktioniert.

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Wie steht ihr als Bewegung zu den Streiks von „Fridays for Future“?

Wir unterstützen die „Fridays for Future“ Bewegung natürlich. Meistens sind wir auch bei ihren Streiks dabei. Die Bewegung übt Druck aus, das finden wir gut, nur reicht es leider nicht aus. Deswegen gehen wir noch einen Schritt weiter, die Entwicklung ist uns noch zu langsam. Beispielsweise versuchen wir aktiv, Prozesse zu blockieren. Letzte Woche gab es dazu weltweit Veranstaltungen. Wenn der Verkehr oder auch mal der Flughafenbetrieb blockiert wird, erzeugt das eine ganz andere öffentliche Aufmerksamkeit. Dann können Politiker nicht mehr so einfach über die Interessen der Bürger hinweg entschieden.

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Wie steht ihr als Bewegung zu den Menschen, die eure Aktionen zu extrem finden?

Ich glaube, das ist eine ganz normale Reaktion, die gibt es bei jeder Bewegung. Ich persönlich finde die Aktionen dadurch gerechtfertigt, dass das Thema Klimaschutz ein riesige Relevanz besitzt. Uns wird die Lebensgrundlage entzogen. Außerdem wird Extinction Rebellion häufig in einem negativen Licht dargestellt, in welchem wir aussehen wie Gewalttäter. Dabei ist das überhaupt nicht so. Wir sind eine friedliche Bewegung, bei uns gibt es keine Gewalt oder einen schwarz vermummten Block, der auf Polizisten zu rennt. Wir sind nicht gegen jemanden, weil wir ja für alle Menschen kämpfen. Die Berichtserstattung besonders aus England war jedoch häufig sehr negativ, das erzeugt dann kein gutes Bild. Bei größeren Blockaden kann man natürlich nie ausschließen, dass sich Leute einschleusen, die durchaus gewaltbereit sind. Die Bewegung hat damit jedoch nichts zu tun. Wir versuchen auch auszuschließen, dass sich jemand der Gruppe anschließt, der gewaltbereite Tendenzen zeigt.

Bildquelle: Extinction Rebellion

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Immer wieder wird auch behauptet, Teilnehmer eurer Bewegung provozieren eine Verhaftung, um dadurch Aufmerksamkeit zu erzeugen. Wie stehst du dazu?

Ich glaube nicht, dass es darum geht, verhaftet zu werden. Es stimmt, dass wir als Bewegung davor nicht zurückschrecken. Das hat aber mehr damit zu tun, dass es ein wahnsinnig kraftvolles Bild bietet. Menschen, die auf der Straße sitzen und für ihre Zukunft demonstrieren, die dann von der Polizei weggetragen werden. Wir möchten uns nicht verstecken. Wir geben unsere Daten heraus, wir sind ganz offen mit dem, was wir tun.

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Wie reagieren Passanten auf eure Aktionen?

Wir bieten ja kein beängstigendes Bild. Wir sitzen da auf dem Boden und sprechen mit den Menschen. Meistens haben wir Kekse dabei und singen Lieder. Die Leute reagieren größtenteils sehr positiv, die Aktionen kommen gut an. Den Menschen ist auch bewusst, dass es wichtig ist, wofür wir kämpfen.

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Wie sähe deine gesellschaftliche Utopie aus?

Mehr Mitspracherecht für jeden Einzelnen. Ein System, das nicht nur um den permanenten, krankhaften Wachstum kreist. Das unseren Planeten anständig behandelt. Eine gerechte Verteilung von Gütern. Einfach eine Rückbesinnung auf die wirklich wichtigen Dinge, nicht nur ein permanentes Kreisen um Geld. Größer zu denken, nicht nur im Rahmen einer Legislaturperiode. Natürlich geht so ein Wandel nicht von heute auf morgen. Wir brauchen auch ein gewisses Wachstum, da mache ich mir nichts vor. Aber man kann dafür sorgen, dass sich der Mensch wieder mehr darauf besinnt, was er wirklich braucht. Hier kann jeder Einzelne bei sich anfangen. Letztendlich braucht man sowohl den Einzelnen, als auch das große Ganze, um etwas zu verändern.

Bildquelle: Extinction Rebellion

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Beitragsbild: Extinction Rebellion