Genre Guide: Was ist eigentlich Hip-Hop?

Wenn der Beat in unseren Ohren dröhnt, sich Gänsehaut ankündigt und unsere Füße anfangen zu zappeln, dann möchten wir sie am liebsten auf ewig hören – diese Musik. Aber was hören wir da eigentlich? Unser Genre Guide hilft dir weiter. Alle zwei Wochen erklären wir dir einen anderen Musikstil. Dieses Mal gibt es Hip-Hop auf die Ohren.

Wie schwere Hammerschläge prasselt der Beat gleichmäßig nieder und bildet das verlässliche, unumstößliche Fundament des Tracks. Sei es nun ein langsamer und tiefer oder aber ein schneller und mitreißender Beat – das hier ist das Rückgrat des Stückes, wie ein Herzschlag, der nie versiegt. Dazu gesellen sich die Lyrics, die Zeilen gehen nahtlos ineinander über und verbinden sich geradezu magisch mit dem Beat. So, als sei jede Zeile ein Backstein, der mit Leichtigkeit auf dem Fundament aufbaut und sich zu dem Haus zusammensetzt, das wir Hip-Hop nennen.

Hip-Hop: die Definition

Ein zentraler Teil des Hip-Hop-Genres ist das Rapping. Obgleich die beiden Begriffe Rap und Hip-Hop häufig synonym verwendet werden, ist es tatsächlich so, dass mit dem Begriff Rap lediglich der rhythmische und schnelle Sprechgesang gemeint ist. Ein Hip-Hop-Song kombiniert diesen Sprechgesang mit weiteren musikalischen Elementen. Dies sind in der Regel Beats, Drum Sounds und das Scratching, welche ein DJ liefert. Darüber hinaus ist es aber auch nicht unüblich, dass Instrumente wie Gitarren, Drums und E-Bass das musikalische Fundament eines Hip-Hop-Songs bilden.

Auch das sogenannte Beatboxing ist Teil des Hip-Hop. Hierbei werden mit dem Mund Geräusche vollführt, die Drum Machines, Turntable-Sounds und/oder bestimmte Instrumente nachahmen. Manchmal imitieren und integrieren Beatboxer auch Sounds, die nicht per se etwas mit Musik zu tun haben, wie zum Beispiel das Geräusch von Polizeisirenen oder quietschende Autoreifen.

Verwandt und verschwägert

Die Tochter von: Funk

Beste Freundin: Rap

Hassliebe: R’n’B

Die kleine Cousine von: Soul

Können sich nicht ausstehen: Volksmusik

Verwechslungsgefahr mit: Rap

Hip-Hop: der Ursprung

Die Wurzeln des Hip-Hop liegen dort, wo auch die Wurzeln der elektronischen Tanzmusik liegen. DJs in New York City begannen damit, Funk-, Soul- und Disco-Stücke auf ihre Instrumentalpassagen zu reduzieren und diese Passagen der einzelnen Songs ineinander übergehen zu lassen. Dennoch wurde auf das gesungene bzw. gesprochene Wort dabei nicht komplett verzichtet. Als damals Personen wie der heutige Hip-Hop-Pionier DJ Kool Herc Platten auflegten und ihre Künste an den Turntables zeigten, gesellte sich schnell jemand ganz Spezielles hinzu, der mittels eines Mikrofons den sich ansammelnden Zuschauern erläuterte, was der DJ da überhaupt machte. Die Geburtsstunde des MCs. Die ursprüngliche Bedeutung dieses Begriff ist Master of Ceremonies. So bezeichnete man früher (afroamerikanische) Dichter, die öffentlich und auf rhythmische Art Volksmärchen vortrugen. Im Hip-Hop-Kontext besitzt der Begriff aber auch die Nebenbedeutungen Microphone Controller und Move the Crowd.

Diggin‘ in the Crates

Hip-Hop wurde auf diese Weise zu einem subkulturellen Phänomen, das vor allem junge Leute anzog. Zwei Elemente waren dem Hip-Hop von Beginn an inhärent und entscheidend für sein Image. Schon einer der ersten Hip-Hop-Tracks bediente sich eines anderen Songs, um sich ein musikalisches Fundament zu bauen. Rapper’s Delight (1979) von der Sugarhill Gang, der als erster Hip-Hop-Song die US-amerikanischen Top 40 erreichte, bediente sich bei dem Song Good Times von Chic. Diese Praxis wird als Sampling bezeichnet und ist im Hip-Hop bis heute elementar. Ob nun die Hook eines anderen Songs oder nur vereinzelte Teile und Sprachfetzen, viele Hip-Hop-Songs halten Samples anderer Lieder bereit. Kenner sprechen hier vom Diggin‘ in the Crates: Es werden sprichwörtlich die Kisten mit alten Platten durchstöbert, um auf diesen interessante Beats und Hooks zu entdecken, die man für einen eigenen Hip-Hop-Song verwenden kann.

Zweitens war der Hip-Hop von Beginn an ein Genre, welches inhaltlich auf etwas aufmerksam machen wollte. Entstanden in den Straßen der Bronx, wurde der Hip-Hop zum Sprachrohr der afroamerikanischen Jugendlichen, um sich gegen Unterdrückung und soziale Benachteiligung auszusprechen. Selbstredend gab es auch in den Hip-Hop-Anfangszeiten „spaßige“ Tracks wie The Breaks (1980) von Curtis Blow. Dennoch sind es vor allem Songs wie The Message (1982) von Grandmaster Flash and the Furious Five, die für die Kraft des Hip-Hop als musikalischen und sozialkritischen Kommentar stehen.

Von der Nische in den Mainstream

Ab Mitte der 1980er nutze der Hip-Hop etwas ganz Entscheidendes, das ihm dazu verhalf, sich von einem Nischen- zu einem Massenphänomen zu entwickeln. Das Stichwort ist Crossover. Es ist mehr oder weniger logisch: Um sich der Masse zu präsentieren, freundete sich der Hip-Hop mit jemandem an, der bereits mit beiden Beinen fest im Mainstream stand: dem Rock. Das Hip-Hop-Trio Run DMC kollaborierte mit Aerosmith, um deren Klassiker Walk This Way im Jahre 1985 neu aufzulegen. Der Song erreichte in den USA Rang vier der Single-Charts und selbst in Deutschland einen beachtenswerten 13. Platz. 1986 erschien das Debüt-Album Licensed to Ill der Beastie Boys, welches das erste Hip-Hop-Album werden sollte, das gar Rang eins der US-amerikanischen Album-Charts belegte. Heute besitzt es in den USA Diamant-Status, was für mehr als zehn Millionen verkaufte Exemplare steht. Licensed to Ill mag nicht „unverfälschter“ Hip-Hop gewesen sein. Denn einige Tracks rücken mittels prägnanter Drums und krachender E-Gitarren stark in Richtung Rock. Dennoch ist das Rapping zentral und brachte so Millionen Menschen weltweit erstmals ein völlig neues musikalisches Phänomen näher.

 

Hip-Hop: heute

Hip-Hop zählt heute zu einem der beliebtesten und wirtschaftlich bedeutendsten Genres der populären Musik. Künstler wie Jay-Z, Kanye West, Kendrick Lamar und Eminem sind Weltstars, viele Jugendliche sind nicht nur von ihrer Musik, sondern von ihrem Auftreten als Ganzes fasziniert. Dies ist auch ein weiterer Aspekt, für den das Genre steht. Denn Hip-Hop ist heute eben nicht mehr „nur“ ein Musikgenre, sondern eine eigenständige Kultur. Hip-Hop umfasst Dinge wie das Breakdancing, eine eigene Sprache, spezielle Kleidung und künstlerische Ausdrucksformen wie Graffiti. Auch Filme wie 8 Mile (2002) oder Straight Outta Compton (2015), die als Biopics von Hip-Hop-Künstlern fungieren, unterstreichen den Facettenreichtum der Hip-Hop-Kultur.

In vielen kontemporären Popmusik-Stücken ist Hip-Hop zwar nicht zentral, aber dennoch nicht wegzudenken. Songs wie California Gurls (2010) von Katy Perry oder The Time (Dirty Bit) (2010) von den Black Eyed Peas sind Stücke, in denen gleich mehrere Genres fusionieren, die jedoch von mindestens einem „Hip-Hop-Abschnitt“ durchsetzt und damit auch dem Genre zuzuordnen sind. Das in jüngster Zeit im Hip-Hop-Bereich häufig angewandte Autotuning hat viele Fans, wird von bedeutsamen Personen des Genres aber auch kritisch gesehen. Aber ob nun mit oder ohne verfremdeter Stimme: Dank junger Interpreten wie Post Malone, Lil Pump und The Weeknd entwickelt sich der Hip-Hop stets weiter und bringt neue Subgenres wie Trap oder Cloud Rap hervor.

Hip-Hop: auf die Ohren, fertig, los

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Rupert ist ein Illustrator und Designer aus München. Er arbeitet seit seinem Designstudium als freischaffender Illustrator und Designer, national und international hauptsächlich in der Musikbranche und im Editorial Bereich. Mehr findet ihr unter: www.rupertgruber.com.

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Bildquelle: Rupert Gruber