Genre Guide: Was ist eigentlich Trance?

Wenn der Beat in unseren Ohren dröhnt, sich Gänsehaut ankündigt und unsere Füße anfangen zu zappeln, dann möchten wir sie am liebsten auf ewig hören – diese Musik. Aber was hören wir da eigentlich? Unser Genre Guide hilft dir weiter. Alle zwei Wochen erklären wir dir einen anderen Musikstil. Dieses Mal gibt es Trance auf die Ohren.

Der Sound zieht dich so tief hinein, dass du vergisst, wer und wo du bist. Ja, vielleicht zieht er dich sogar so sehr in seinen Bann, dass du vergisst, DASS du bist. Irgendwie bist du gar nicht mehr da. Du fühlst dich, als seist du ein Teil dieser akustischen Raumdurchflutung, die nicht sichtbar, aber eindeutig spürbar ist. Trance ist wie ein Pulsschlag: Kein greifbarer Gegenstand, aber dennoch essenziell.

Trance: die Definition

In der Regel setzt Trance auf einen 4/4-Takt und eine Betonung jedes Viertel durch eine Bass Drum. Häufig dienen Moll-Grundtonarten als Basis, was dem Genre einen „verruchten“, düsteren Charakter beschert. Dennoch ist Trance aber nicht schwerfällig. Das liegt vor allem an der Geschwindigkeit. Diese ist nämlich recht hoch, liegt meist bei 128 bis 140 bpm.

Darüber hinaus verzichtet Trance, wie auch viele andere Genres der elektronischen Tanzmusik, auf das in der Popmusik übliche Schema von Strophe und Refrain. Stattdessen bauen Trance-Tracks häufig Spannung auf, indem sie Breaks und Build-ups ausspielen. Hier zeigt sich auch die Nähe des Trance zu Progressive House. Beide Genres sind schnell, treibend und von kreativen Brüchen gekennzeichnet.

Gib dich der Musik einfach hin

Der Begriff Trance stammt vom lateinischen Verb transire, was in etwa „Hinübergehen“ und „Überschreiten“ bedeutet. Das Motiv der Musik ist also darauf ausgelegt, sich der Musik „hinzugeben“. Vergleichbar mit der klassischen Definition einer Trance, also dem Fallen in einen hypnotischen Dämmerzustand, geht es bei dem EDM-Genre Trance darum, mit Körper und Geist innerhalb des treibenden Sounds regelrecht „aufzugehen“.

Verwandt und verschwägert

Der Sohn von: Deep House

Bester Freund: Progressive House

Hassliebe: Deep House

Der kleine Cousin von: Techno

Können sich nicht ausstehen: Italo Disco

Verwechslungsgefahr mit: Dream House

Trance: der Ursprung

Der Begriff des Trance tauchte in der Musik bereits in den 1960ern auf, und zwar im Jazz. Wir wollen uns hier aber auf die Bedeutung im Rahmen der elektronischen Musik konzentrieren. Da beim Trance häufig die Rede von akustischen und harmonischen Klangteppichen ist, lassen sich seine Wurzeln bis in die 1970er-Jahre zurückverfolgen. Und zwar vor allen Dingen in Deutschland. Bands wie Can und Kraftwerk versuchten damals, mittels ihrer Synthesizer eben solche Klangteppiche zu erzeugen. Man nehme beispielsweise einen Song wie Kraftwerks „Kometenmelodie 2“. Dieser ist zwar in puncto Geschwindigkeit nicht mit kontemporären Trance-Tracks vergleichbar. Aber dennoch findet sich hier bereits ein treibender Grundcharakter, der den Hörer in seinen Bann ziehen möchte.

In den 1980ern entwickelte sich aus dem klassischen House das Subgenre Acid House, welches dem späteren Trance den Weg ebnen sollte. Dabei handelt es sich um ein House-Subgenre, welches stark mit verzerrten und „beißenden“ Klängen arbeitet. Der BBC-Radio-DJ Peter Powell spricht rückblickend davon, dass Acid Techno in den späten 1980ern wie eine Art „mass organised zombie-dom“ die Jugend in ihren Bann zog. Das beschreibt die Essenz derartiger Musik schon recht gut: Acid House und Trance machen ihre Zuhörer „gefügig“, sie folgen schier willenlos dem Beat. Mitte der 1990er bis um die Jahrtausendwende erlebte der Trance dann seine Blütezeit. Prägend waren hier vor allen Dingen DJs aus dem europäischen Raum. Songs von Paul van Dyk, Robert Miles und Sasha, um nur einige der großen Namen zu nennen, wurden nicht nur extensiv in Clubs gespielt, sondern erreichten tatsächlich Top-20-Platzierungen und positionierten den Trance so im Mainstream.

Trance: heute

Aktuell besitzt „reiner“ Trance nicht mehr die Strahlkraft und das Mainstream-Potenzial, welches ihm in den späten 1990ern beschieden war. Stattdessen lässt sich konstatieren, dass DJs, die früher ausschließlich „reinen“ Trance produzierten, dazu übergingen, diesen immer mehr Richtung massenkompatiblem House zu verschieben, der mit Elementen der Popmusik durchsetzt ist. Diese Art der elektronischen Tanzmusik enthält also nur noch Spuren des eigentlichen Trance. Als prominente Beispiele sind hier zum Beispiel Tiësto und Sander van Doorn zu nennen. Reiner Trance, wie er heute unter anderem von Arctic Moon und The Noble Six produziert wird, ist dagegen in der Regel nicht mehr in den Mainstream-Charts zu finden. Doch auf den Tanzflächen der darauf ausgerichteten Clubs lebt er weiter.

Trance: auf die Ohren, fertig, los

 

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Rupert ist ein Illustrator und Designer aus München. Er arbeitet seit seinem Designstudium als freischaffender Illustrator und Designer, national und international hauptsächlich in der Musikbranche und im Editorial Bereich. Mehr findet ihr unter: www.rupertgruber.com.

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Bildquelle: Rupert Gruber