Pro und Contra: Das bedingungslose Grundeinkommen

Die Diskussion über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) entflammt erneut mit der Corona-Krise. Sollten Menschen in Deutschland monatlich Geld ohne Pflicht zur Rückzahlung und ohne direkte Gegenleistung bekommen? Die Meinungen sind geteilt.

Das Wichtigste in drei Punkten:

  • Die Corona-Krise gibt der Diskussion über das BGE neuen Schwung. Viele Menschen unterschreiben Petitionen und fordern unter anderem eine sechsmonatige BGE-Testphase.
  • Vermutungen über die Auswirkungen eines BGEs auf die Gesellschaft könnten nicht unterschiedlicher sein. Die einen vermuten eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, die anderen gar eine dramatische Verschlechterung. Im Mittelpunkt der Debatte stehen: Die Gerechtigkeit der Verteilung, die Produktivität und das Wohl der Gesellschaft.
  • Länder wie Spanien und die USA führen BGE-ähnliche Modelle ein, doch es handelt sich dabei nicht um ein BGE wie es in zur Zeit Deutschland gefordert wird.

Corona als Verstärker

In Deutschland (sowie in anderen Ländern) wurden einige Petitionen gestartet, die ein BGE fordern. Eine sammelte etwa 460.000 Unterschriften und fordert eine sechsmonatige BGE-Testphase. Die Gründerin, Modedesignerin Tonia Merz, richtet sich direkt an Finanzminister Scholz und schreibt: „Was (…) helfen würde, ist die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 800-1200€ pro Person für 6 Monate.“ Den Anlass bildet der Stillstand der Arbeitswelt. Laut der Petition soll also das BGE nicht nach Bedarf verteilt werden, sondern an alle – egal ob sie es brauchen oder nicht. Wie der tagesschau-Podcast „mal angenommen“ erörterte, sind Experten-Meinungen gespalten: Demnach gäbe es zwei Ansichten, eine optimistische und eine pessimistische.

Befürworter – Die Optimisten

Dass alle Bürger – vom Arbeitslosen bis zur Geschäftsführerin – ohne direkte Gegenleistung Geld vom Staat bekommen, spricht in diesen Zeiten viele Leute an. Auch Papst Franziskus äußerte in seiner Oster-Rede den Wunsch über die Einführung eines universelles Grundeinkommens. Befürworter sind der Meinung, dass ein BGE, neben der Beseitigung von Existenzängsten, auch weniger Stress und dadurch mehr Gesundheit bringen könnte. Die Menschen könnten freier Jobs aussuchen – unabhängig vom Lohn. Arbeitgeber müssten deshalb höhere Gehälter zahlen, um Bewerber und Bewerberinnen anzulocken. Haus- und Fürsorge-Arbeit wären endlich entlohnt. Das würde für mehr Gerechtigkeit sorgen. Auch die Corona-Krise würde anders verlaufen, schreibt der Ökonom und Philosoph Philip Kovce in einem Beitrag für Deutschlandfunk Kultur, da „das Grundeinkommen exakt jene unbürokratische, ja unbedingte Existenzsicherung darstellt, die unzähligen Menschen dieser Tage fatalerweise fehlt.“

Gegner – Die Pessimisten

Da die Einführung eines BGEs eine Abschaffung (oder Veränderung) der Sozial-, Kranken- und Rentenversicherung bedeuten würde, stehen ihr Gegner skeptisch gegenüber. Sie behaupten… genau das Gegenteil der Befürworter. Laut ihnen wären Schwerkranke mit teuren Pflege- und Behandlungsbedarfen von einem BGE (z.B. von 1000€ im Monat) nicht ausreichend gedeckt. Von Gerechtigkeit könne zudem weniger die Rede sein. Menschen, die das Geld dringend benötigen, würden den gleichen Betrag bekommen, wie Menschen die ausreichend verdienen. Die Gehälter würden laut Gegnern sinken statt zu wachsen, denn viele wären bereit für niedrigere Löhne zu arbeiten. Ein BGE würde die gesellschaftliche Spaltung verfestigen, wenn nicht sogar vergrößern. Die Soziologin Anke Hassel im IPG-Journal schreibt: „Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde den Arbeitsmarkt lähmen und der Integration von Frauen und Migranten schaden.“ Laut ihr würden die Menschen keinen Druck mehr verspüren, ihr Leben durch Bildung oder Arbeit zu verbessern. Darunter würden auch die Produktivität und die Wirtschaft des Landes leiden.

Die Geschichte mit Spanien

Vor einiger Zeit kündigte die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño an, das Land wolle „so bald wie möglich“ ein universelles Grundeinkommen einführen. Spanien wäre somit das erste Land in Europa, das langfristig („für immer“) eine solche Maßnahme einführt. Die Nachricht sorgte für Aufsehen in ganz Europa. Jedoch handele es sich nicht um ein BGE, schreibt Business Insider, sondern um eine Mindestabsicherung für Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen. Also eine Art Hartz-IV ohne Ablaufdatum. Angesicht der massiven Steigerung der Arbeitslosenrate in den USA verteilt übrigens US-Präsident Donald Trump sogenannte „stimulus checks“ im Wert von 1.200 US-Dollar. Das wird vermutlich eine einmalige Aktion und hat also auch nichts mit dem BGE zu tun.

Fazit

Ein Punkt, wo sich viele Gegner und Befürworter einig sind, sind fehlende Experimente oder Testphasen. Denn was genau passiert, kann niemand sagen, solange es nicht passiert. In Deutschland gibt es eine Aktion, die das BGE bereits via Crowdfunding testet: Mein Grundeinkommen. Sobald 12.000€ Spenden erreicht sind, werden diese in Form eines BGEs verlost. Es darf sich jeder und jede frei anmelden (ob man spendet oder nicht beeinflusst nicht das Ergebnis) und wer gewinnt, bekommt dann ein Jahr lang 1000€ im Monat.

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Bildquelle: Unsplash.com, CCO-Lizenz