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Friedemann Karig: „Ich fände es so wichtig, dass sich alle mal locker machen.“

Friedemann Karig hat ein Buch über das Ende der Monogamie geschrieben. Ich habe mit meinen Großeltern über dieses Buch gesprochen. In meinem eigenen Freundeskreis waren die Reaktionen auf die Frage, wie man denn eigentlich so zur Polyamorie stehe, teilweise deutlich verklemmter. Warum haben Menschen irgendwo um die 30 so furchtbare Angst vor Polygamie? Vielleicht ja, weil jede zweite Ehe in Deutschland geschieden wird. Dieser Fakt steht häufig am Anfang von Diskussionen über das leidige Thema Monogamie. So auch auf der ersten Seite von Friedemann Karigs Buch. „Wie wir lieben“ trägt den Untertitel „Vom Ende der Monogamie“. Dass wir natürlich nicht am Ende der Monogamie angekommen sind, weiß Karig. Auch sein aufmerksamer Leser weiß das. Von einem abstrakten Konzept wie der Monogamie kann man nicht überzeugt sein. Ebensowenig wie von der Polygamie.

Und bei dieser Erkenntnis holt Karigs Buch den Leser ab. Es möchte niemandem ein Konstrukt aufzwängen. Es möchte auch niemanden von etwas überzeugen. Das Buch verwebt Fiktion in Form von polyamourösen Liebesgeschichten mit Fakten in Form eines Theorieteils. Es ist wichtig, dass es im Jahr 2017 ein Buch wie „Wie wir lieben“ gibt. Ein Versuch, der Polyamorie den Schmuddelfaktor zu nehmen und die Saunaclub-Atmosphäre zu durchbrechen. Rausgelassen wird man bestenfalls bei einer Erkenntnis – glücklicherweise jeder bei seiner eigenen. Denn die Polyamorie und die Liebe überhaupt ist für Karig ein stufenloser Regler. Stell’ ihn so ein, wie du möchtest. Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Deshalb sind die Paare und deren Geschichten in „Wie wir lieben“ auch so unterschiedlich.

Wir haben mit Karig bei Kaffee und Spezi über Sexismus in der Literatur und den ewigen Michael Nast-Vergleich gesprochen.

ZEITjUNG: Friedemann, Du bekommst viel positive Rückmeldung für Dein Buch. Die Leute interessieren sich sehr für Dich als Autor. Wie wären die Reaktionen ausgefallen, wenn eine Frau das Buch geschrieben hätte?

Friedemann Karig: Vermutlich anders. Die Öffentlichkeit hätte sich bei einer Frau mehr auf deren eigene Liebesgeschichte eingeschossen. Bei einer Frau wären die Augen aufgegangen. Man hätte sich erhofft: „Geil, jetzt erzählt sie von ihren drei Kerlen.“ Selbst wenn ich jetzt sagen würde: „Ich wohne mit drei Frauen zusammen und wir haben reihum Sex miteinander“, wären die Reaktionen diplomatischer ausgefallen. Dass Frauen unterschwellig oft noch unterstellt wird, sie könnten nur Liebesgeschichten schreiben, ist nach wie vor eine Art von Sexismus à la: „Wenn es dann ans Eingemachte geht, lesen wir das doch lieber von einem Mann.“ 

Ich befürchte, dass eine Frau hinter so einem Buch verschwinden und das Label „Polygamie-Expertin“ tragen würde.

Ja, leider. Ich kann hoffentlich wieder davon weg. Ich finde es bedauerlich, dass Frauen eher festgelegt sind auf sowas. Da hast Du absolut Recht.

Aber wer weiß, was Dir jetzt passiert…

Ich kann dir eins versichern: Mein nächstes Buch wird nicht von der Liebe handeln.

Aber weitere Bücher von Dir wird es schon geben?

Ein Buch zu schreiben ist das Beste, was ich bisher gemacht habe. Ich mag das, mich in mein Thema wirklich zu vertiefen und trotzdem zu wissen, irgendwann liest es vielleicht jemand. Hinterher darüber reden mag ich auch, weil man dann mitbekommt, was die Leute so dazu denken. Den Ablauf finde ich eigentlich perfekt.