Wie die Gen Z eine uralte Fähigkeit des Menschen verliert – und was Social Media damit zu tun hat

Die Gen Z verliert zunehmend die Fähigkeit, klar und lesbar von Hand zu schreiben – eine Folge des Aufwachsens in einer vornehmlich digitalen Welt. Selbst viele Studierende an der Universität würden grundlegende Schreibregeln nicht beherrschen, berichtet eine türkische Professorin.

Vor über 5.000 Jahren hat der Mensch zum ersten Mal das Schreiben angefangen. Doch nun sieht es ganz danach aus, als könnte er diese einzigartige Fähigkeit in Zukunft wieder verlernen. Obwohl in der Schule immer noch viel händisch geschrieben wird, kann sich die Gen Z schriftlich nur noch schwer ausdrücken. In ihrer Freizeit schreiben die meisten nämlich digital am PC, Tablet oder Smartphone Beiträge für Social Media. Diese Entwicklung hat jedoch schwerwiegende Konsequenzen.

Handschrift bereitet der Gen Z Probleme

Selbst Studierende hätten laut der türkischen Professorin Nedret Kiliceri Schwierigkeiten, lange und strukturierte Sätze zu schreiben, berichtet Türkiye Today. Mit der Hand zu schreiben sei für einige junge Leute der Gen Z nicht nur mühsam, sondern fast ungewohnt. Viele Studierende würden laut Kiliceri nicht einmal mehr einen Stift zum Unterricht mitbringen.

„Die Schrift der Studierenden neigt sich entweder nach unten oder nach oben über die Seite, und ihre Handschrift ist oft unlesbar“, erzählt Kiliceri. „Waren Studierende früher eher an den Umgang mit Papier und Stift gewöhnt, so interagieren sie heute schon früh mit Bildschirmen und Tastaturen. Ihre Handschrift, vor allem in der Sekundarschule und an der Universität, leidet darunter.“

Spezifische Buchstaben wie „o“ und „b“ würden häufig falsch geformt und besonders in weiterführenden Schulen und Universitäten verschlechtere sich die Qualität der Handschrift immer weiter. Eine norwegische Studie bestätigt diese Entwicklung. Wissenschaftler der Universität Stavanger untersuchten die Handschrift von 585 Schüler*innen aus 33 Schulen und stellten fest, dass rund 40 Prozent die Fähigkeit zum handschriftlichen Verfassen von Texten eingebüßt haben.

Wie Social Media unseren Schreibstil verändert

Viele Studierende hätten kein Gespür dafür, beim Schreiben kohärente Absätze zu verfassen: Stattdessen reihen sie nur einzelne Sätze aneinander. Dabei vermeiden sie komplexe Sätze zugunsten möglichst kurzer Antworten. Dies sei unter anderem auf den Einfluss von Social Media zurückzuführen. Dort will man sich lieber kurzfassen, als ellenlange Absätze zu tippen. Lange Texte werden kaum gelesen und manche Plattformen setzen ein Zeichenlimit für Beiträge durch. Dies fördert eine prägnante Kommunikation mit wenigen Worten, so der Bericht.

Die Fähigkeit, lange, zusammenhängende Texte zu schreiben, geht dadurch aber verloren. Selbst formelle E-Mails oder Briefe würden sich teilweise so lesen, als würde man sie an seine Freund*innen über WhatsApp versenden.

Auch Studierende sehen diese Entwicklung kritisch

Auch Studierende selbst äußern sich besorgt über ihre schwindenden Schreibfähigkeiten. Der Universitätsstudent Arda Kahrama kann sich gar nicht mehr daran erinnern, in der Schule Aufsätze geschrieben zu haben – es sei denn, es war absolut notwendig. Soziale Medien haben Kahrama zufolge mit ihren verkürzten Formulierungen und Emojis eine eigene Sprache entwickelt – und ebendiese verdränge nun die klassische Art, zu schreiben.

Ich glaube, das Schreiben, wie wir es kannten, ist am Sterben.

Arda Kahrama

Die Studentin Dilda Sedefoglu sieht das ähnlich. Früher habe sie es geliebt, für sich selbst zu schreiben, sagt sie. Jetzt mache sie das allerdings nicht mehr oft. Und da ungenutzte Fähigkeiten mit der Zeit schwächer werden, vergesse man irgendwann selbst die grundlegendsten Schreibregeln. Sie kenne zwar Studierende, die sich weiterhin hervorragend schriftlich ausdrücken können – andere würden jedoch Abkürzungen nehmen, wo sie nur können.

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Bild: Pexels, CC0-Lizenz