Dinge kaputtgehen geplante Obsoleszenz

Geplante Obsoleszenz: Warum so viele Dinge so schnell kaputt gehen

„Happy Birthday to you, happy Birthday to you, happy Birthday dear Light Bulb. Happy Birthday to you.“ In einem hellgelb gestrichenen Raum, der aussieht wie eine große Garage, sitzen rund 600 Menschen von jung bis alt auf Bierbänken und trällern ihr Ständchen. Sie lächeln dabei wie Leute, die das Geburtstagskind gar nicht persönlich kennen, aber es trotzdem gleich umarmen müssen. Sie schauen beim Singen alle in eine Richtung. Irgendwie nach oben. Genau dorthin, wo eine Glühbirne hängt. Leuchtet.

Es ist der 8. Juni 2001 in Livermore, Kalifornien. Die große Garage ist eigentlich eine Feuerwache und das Geburtstagskind, das niemand persönlich kennt, eine Glühbirne. Die Glühbirne. Die Glühbirne, die genau heute seit 100 Jahren leuchtet. Das sind 18 amerikanische Präsidenten. Einmal Dornröschenschlaf. Fast alle Dalmatiner.

 

Die Industrie macht das Mögliche unmöglich

 

Ein industriell hergestelltes Gerät, das heutzutage noch annähernd so lange funktioniert, das ist selten. Nicht weil es, ganz offensichtlich, nicht möglich wäre, sondern weil die Industrie es verhindern möchte. Im Fachjargon nennt man diese List „geplante Obsoleszenz“. Eine Form der künstlichen Selbstzerstörung. Es bedeutet, dass die Lebensdauer von Dingen bei der Produktion absichtlich verkürzt wird. Es werden Schwachstellen oder billige Materialen verbaut. Eine Waschmaschine könnte so hergestellt werden, dass sie doppelt so lange funktioniert, wie sie es letztendlich tut, aber dann würden wir uns ja auch erst in doppelt so langer Zeit eine neue kaufen. Und das sollen wir nicht. Und so wird der Konsum-Zirkel und damit unser Wirtschaftssystem aufrechterhalten: Wir kaufen etwas, es geht kaputt, wir kaufen es neu, es geht kaputt. Geld fließt. Ein sehr übersichtlicher, aber effektiver Kreislauf.

 

Alltagserfahrungen als Belege für den geplanten Verschleiß

 

In einer Studie der Grünen Anfang 2016 zur geplanten Obsoleszenz wird geschätzt, dass den Verbrauchern rund 100 Milliarden Euro im Jahr übrig bleiben würden, müssten sie sich nicht ständig neue Geräte anschaffen. Es werden auch einige Beispiel gebracht, die den Verbraucher sicher zum Grübeln bringen: Festeingebaute und damit nicht austauschbare Akkus mit geringer Lebensdauer in elektrischen Zahnbürsten, verklebtes Gehäuse vom Macbook Pro ohne Chance auf Reparatur oder Ersatzteile. Bei dem Beispiel der „Stuhllehnenhalterschale“ und dessen Verschleiß durch „höhere Drucklast durch Seitwärtsneigung des Sitzenden“ fängt man allerdings eher an zu schmunzeln als sich zu echauffieren. Kleinkariert wäre wohl das passende Wort für einige Punkte der Studie. Sie enthält Beispiele, aber leider keine Beweise.

 

Wie kann man so etwas überhaupt zeitlich planen?

 

Ob die Dinge nun also kaputtgehen, weil ein kleines Männchen mit einem Hammer und einem Kalender in ihnen drin sitzt und genau am Tag des Garantie-Ablaufdatums auf das Gerät eindrischt oder weil die verbauten Teile einfach nicht optimal passen, das ist genauso unsicher wie die Planbarkeit von Obsoleszenz selber. Doch „ist es purer Zufall, dass die Hersteller auf Elektronikplatinen wärmeempfindliche Bauteile neben Wärmequellen verbauen?“ fragt sich Stefan Schridde, einer der Initiatoren der Grünen-Studie auf seiner Website Murks? Nein Danke!. Und die Antwort lautet: Vielleicht. Purer Zufall, verschwiegene Sparsamkeit, geplante Dummheit, eiskalte Ignoranz. Was aber feststeht, ist, dass viele der gekauften Produkte frühzeitig kaputtgehen und es selten Ersatzteile gibt, die bezahlbar oder überhaupt verwendbar wären. Deshalb müssen wir uns das Ding neu kaufen. Die geplante Obsoleszenz ist der lautlose Motor unserer Wegwerfgesellschaft. Nur der scheint traurigerweise irgendwie niemals kaputt zu gehen.