Vaterrollen, Gewalt und Toxic Masculinity: Die Benachteiligung von Männern in der Gesellschaft

Der Mann als Opfer häuslicher Gewalt? Undenkbar!

Eine auch nur annähernd genaue Zahl dazu, wie oft Männer Opfer häuslicher Gewalt werden, gibt es nicht – wohl aber eine gewaltige Dunkelziffer: Deutsche Experten schätzen, dass etwa ein bis zwei Fünftel der Opfer von häuslicher Gewalt Männer sind. Studien zu dem Thema sind jedoch eher selten und sehr viele Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, schweigen zudem lieber: Frauen gelten gemeinhin als weniger aggressiv als Männer (ein Mythos, der sich hartnäckig hält), zudem sind Männer den meisten Frauen körperlich überlegen und könnten sich dementsprechend wehren. Da ist es für viele undenkbar, dass ein Mann genauso Opfer sein kann wie eine Frau.

Das zeigt auch ein Experiment aus Großbritannien: Zwei Schauspieler simulieren einen Streit zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit. Während sehr viele Passanten beim aggressiven Partner eingeschritten sind, haben sich bei umgedrehter Rollenverteilung kaum hilfswillige Passanten gefunden: Die meisten Passanten waren verwirrt, sind nach kurzem umsehen weitergelaufen oder haben die Schuld direkt beim Opfer gesucht – getreu dem Motto: „Er wird sicher was getan haben, um sie so wütend zu machen.“

Das gleiche gilt für Männer, die über Opfer sexueller Belästigung werden: Kommentare wie „Tu doch nicht so, es hat dir doch bestimmt gefallen“ fallen häufig, wenn Männer von ihren Erlebnissen berichten. Ähnliches erleben auch viele Frauen, aber da haben wir inzwischen als Gemeinschaft den Sinn dafür entwickelt, so eine Denkweise scharf zu verurteilen.

Darum überwiegt bei sehr vielen Männern die Angst, verlacht oder nicht ernst genommen zu werden. Auch fehlt es an Hilfsangeboten: Im Gegensatz zu Frauenhäusern sind sogenannte „Männerhäuser“ kaum bis wenig vorhanden. Was bleibt, ist das Bild vom Mann als Haupttäter – oft ohne zu beachten, dass eben nicht alle Männer die starken, selbstsicheren und konfrontativen Menschen sind, für die sie immer gehalten werden. Das alte Rollenbild ist schon lange Geschichte, es wäre also höchste Zeit, damit aufzuräumen.

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Bildquelle: Pexels; CCO-Lizenz