Google weiß Bescheid

Von Rebecca Naunheimer

Jeden Tag passieren Dinge auf der Welt. Das ist nun mal so. Heute ist nur ein Beispiel dafür: Putin und Erdogan flippen komplett aus – der eine postiert Kriegsschiffe vor der Normandie, der andere stänkert gegen den Westen. Ein Zeuge bestätigt die Abhörarbeit des Bundesnachrichtendiensts (BND). Eine Umfrage zeigt, dass kaum einer an den Erfolg der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) glaubt. EU-Präsident Jean-Claude Juncker steht in der Kritik. Der Bund hat sich auf eine Flüchtlingspolitik geeinigt.

 

Von vorgekauten Häppchen und redaktionsinterner Spucke

 

Mit dieser abartigen Geschwindigkeit des Weltgeschehens mitzuhalten, ist unmöglich. Immer up-to-date zu bleiben, beinahe unmöglich. Sich eine informierte Meinung zu bilden, schwierig. Ein besonderer Härtefall: die Politik. Denn wie ZEITjUNG vergangene Woche berichtete, sind es insbesondere politische Themen, bei denen sich junge Leute gerne einmal zurücklehnen und von anderen lenken lassen. Immer schön vorgekaute Häppchen einnehmen, so konsumiert es sich ja bekanntlich am bequemsten. Und sichersten. Auch die Medien servieren es uns mundgerecht und richtig schön aufgeweicht in der redaktionsinternen Spucke.

Was schon in der Theorie abartig klingt, ist auch in der Praxis nicht so cool. Denn wie Beispiele zeigen, ist die Idee der Mehrperspektivität und der objektiven Berichterstattung leider nur eine Wunschvorstellung. Dass wir der eigenen Meinungsbildung trotzdem die durchgekaute Scheiße vorziehen, folgt einer ähnlichen Logik wie der Gang zu McDonad’s, wenn man auch kochen könnte: die der Logik. Okay, der Unterschied ist, dass wir durchaus alleine kochen können. Das gesamte Weltgeschehen beobachten, das geht ohne die Medien aber leider nicht. In Zahlen heißt das: 2013 nutzten 91 Prozent der Menschen das Fernsehen, 75 Prozent die Tageszeitung und 70 Prozent das Radio zur Meinungsbildung.

 

Die Schweigespirale

 

Die Folge sind einseitig informierte Pseudomeinungen, die auf einem kleinen Teilaspekt eines Themas fußen und sich zu Tausenden in den sozialen Medien tummeln. Und wenige Mehrheitsmeinungen. Das Problem dahinter lässt sich mit der Theorie der „Schweigespirale“ von Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann beschreiben. Denn umso mehr Menschen einer Meinung zu einem bestimmten politischen Thema folgen, desto schwieriger wird es für gegenteilige Ansichten. Man will sich ja nicht ins gesellschaftliche Aus befördern. Also schweigen Andersdenkende lieber. Im Falle der Politik kommt hinzu, dass wir häufig das Gefühl haben, einfach nicht genug über ein Thema Bescheid zu wissen, um eine fundierte Meinung äußern zu können. Niemals. Egal, wie viel wir darüber schon gelesen haben.

Wie soll man es also besser machen? Diese Frage lässt sich leider nicht so einfach beantworten. Es scheint aber darum zu gehen, verschiedene Blickwinkel abzuwägen und die wichtigsten Eckpfeiler einer politischen Debatte in die Meinungsbildung einzubeziehen. Also nicht nur die Kritik an der Flüchtlingspolitik nachplappern, sondern auch die Problemlage dahinter kennen. Nicht nur auf Spiegel Online und Co. lesen – weil die ja sowieso super sind – sondern selbst recherchieren.

 

Schwarmintelligenz: wenn uns ein Algorithmus eine Meinung aufdrängt

 

Was wäre da naheliegender als zu googeln? Die Suchmaschine zeigt uns schließlich die wichtigsten Einträge zu einem Suchbegriff an. Noch schnell vor einem Date ein wenig Intellektualität und Weltoffenheit anlesen. Vor dem Treffen mit den coolen Studienfreunden die Kriegslage im Irak auswendig lernen. Das machen wir doch alle mal. Ganz heimlich, wie Buzzfeed weiß. Wir haben also das virtuelle Orakel einmal zum aktuellen politischen Geschehen befragt und die Ergebnisse in der obigen Bildergalerie zusammengestellt. Das Fazit ist unterhaltsam und zugleich ernüchternd. Denn die Vorschläge der Suchmaschine lassen nicht nur stellenweise an der Menschheit zweifeln, sondern zeigen ganz deutlich, dass am Ende auch die Ergebnisse auf Google nur eine weitere Äußerung der Mehrheitsmeinung sind. Stichwort: Schwarmintelligenz. So drängt uns doch nur ein Algorithmus die häufigsten Suchbegriffe der anderen User auf.

„Alter, wie soll man es denn dann besser machen?“, will der aufmerksame Leser jetzt endlich wissen. Im Prinzip ist die Idee, politische Themen auf Google nachzuschlagen und sich über die Eckpfeiler einer Debatte zu informieren, ja keine schlechte. Immerhin gehört ein gewisses Interesse am Weltgeschehen dazu. Aber man sollte sich dabei immer ein bisschen kritisches Denken behalten.