Liebe verloren Adele

Verlorene Liebe: Der richtige Mensch zur falschen Zeit

„Nevermind, I’ll find someone like you“: Nicht ohne Grund hat sich diese unfassbar kitschige Zeile Adeles in meinem Gedächtnis eingebrannt, wie keine andere. Weil sie so wahr ist, und deshalb auch immer wieder ein bisschen weh tut. Dass ich damit nicht alleine bin, beweisen die rund 700 Millionen Mal, die andere Menschen diesen Song auf Spotify gehört haben. Ich bin also nicht die einzige, die bei genau diesem Lied schon ein, zwei, drei Tränen verdrückt und den ein oder anderen Kloß herunterschlucken musste. Ich bin nicht alleine, mit dem Gedanken an ihn oder sie, mit dem es hätte klappen können. Sie oder er, mit dem man sich das Ende vorstellen konnte. Mit der oder dem Einen, mit dem das Ende vielleicht gar nicht mehr so schlimm gewesen wäre.

Wir sind der Meinung, unsere Leben sollten linear verlaufen. Wir hoffen, wie in einem Film, auf kausale Zusammenhänge, die natürlicherweise zu besseren, schöneren und erfogreicheren Phasen unseres Lebens führen. Bis am Ende das große Glück mit der wahren Liebe im Gepäck um’s Eck kommt. Die Frage: „Was ist, wenn das alles nicht stimmt und, wenn das Beste vielleicht schon vorbei ist?“ wagen wir uns nicht zu stellen. Wieso auch? Kaum eine andere Erkenntnis ist so deprimierend, wie: Die wahre Liebe haben wir mit 15 gehen lassen, den Traumjob letztes Jahr aufgegeben und die besten Freunde nach dem Abi aus den Augen verloren. Verdammt noch mal, daran möchte man wirklich nicht denken.

Der Vergleich

Fragt man Menschen, wonach sie suchen, ist es meistens der oder die Eine und nicht ein weiterer Lebensabschnittgefährte. Die Person, die unser Leben nicht nur bereichert, sondern auch noch für immer bei uns bleibt. Unser Seelenverwandter. Zu viele romantische Komödien samt unrealistischen „Releationshipgoals“ haben sich unterbewusst in unsere Denkweise eingeschlichen. Egal was für gender-neutrale und politisch korrekte Standpunkte du sonst vertrittst, Ryan Goslings treue Augen in Schmachtfilmen, die du ein-, zweimal, oder dreißig Mal gesehen hast, kannst du nicht vergessen. Die Vorstellung eines Seelenverwandten ist aber auch zu schön: Eine Person, die dich immer versteht, eine Person, der du nichts mehr erklären musst – sie kennt dich schließlich schon.

Die Vorstellung von (verlorener) Liebe ist vergleichbar mit einer Fußfessel: Sie sperrt uns ein, obwohl wir frei sind. Wir können tun, was wir wollen, lieben, wen wir wollen und doch hält uns irgendetwas auf: Es ist der Vergleich. Der ewige Vergleich mit dieser einen Person, die wir zum ersten Mal richtig geliebt und dann verloren haben. Dieser Vergleich schränkt unsere zukünftige Partnerwahl enorm ein: Ein neuer Maßstab wurde festgelegt. Aus diesem einengenden Gefühl kommt man so schnell nicht wieder raus, denn erste Male, sind wie Wegsteine unseres Lebens: Der Psychologe Dan McAdams erklärt in der PsychologyToday, dass erste Erfahrungen, besonders in der Liebe, uns natürliche Vorgaben geben, wie wir unser Leben zukünftig zu leben haben. Wir suchen den Sinn zukünftig also nur noch auf Basis von genau diesen Erfahrungen, die wir gemacht haben, als die Liebe uns zum ersten Mal eiskalt erwischt hat.

Die Fußfessel

Der „Was wäre, wenn“-Gedanke lässt uns wie eine Fußfessel nicht los. Luftschlösser und dramatische Szenarien nisten sich in unseren Gedanken ein: Wie hätte es sein können? Werde ich nie wieder jemanden so sehr lieben? Und wie geht es ihm/ihr eigentlich? Vielleicht sollte ich mich einfach mal melden… So eine kurze Nachricht kann ja nicht schaden. Und Zack, hängen wir wieder über dem Abgrund, den diese verlorene Beziehung darstellt. Man kann nicht aus fremden Fehlern lernen, aber alte Liebe aufzuwärmen, das wusste schon unsere Oma, schmeckt nicht. Der Topf ist versalzen, das Essen definitiv vorbei. Alles, was jetzt noch zu tun ist: Abspülen. Die Teller und unsere Gefühle, denn die wurden benutzt. Um dieses Gefühl, das nach der großen, aber verlorenen, Liebe zurückbleibt, wieder sauber zu bekommen, muss einiges an Arbeit geleistet werden. Denn Liebe ist Arbeit.

Ist diese Arbeit getan, hilft wohl nur noch eines: Zeit. Oma hatte schon wieder recht: Zeit heilt alle Wunden. Naja, sagen wir mal 99% aller emotionalen Verletzungen. Denn, obwohl wir die Vergangenheit nicht ändern können, ist es möglich unseren Blickwinkel zu verändern. Die Dinge in einem anderen Licht zu betrachten hat schon dem einen oder anderen zerbrochenen Verliebten durch die dunkelste Dunkelheit geholfen. Denn, „the one that got away“, wie es auf englisch heißt, wird nicht wieder kommen. Diese eine Person, die vielleicht noch jahrelang irgendwo ganz hinten in unseren Gehirnen herumkriecht und uns jede neue Beziehung in Frage stellen lässt, verabschiedet sich noch nicht. Doch, egal wie aussichtslos die Situation erscheint: Das Problem ist in deinem Kopf!

Mach’s wie Adele!

Wir müssen Adele fragen: In einem Interview mit dem britischen Guardian sagt sie, sie habe die Liebe wiedergefunden: Nevermind, I found someone much better than you. Auf ihrem neuen Album gibt es sogar einen „Fuck Off“-Song, der genau das thematisiert: Send my Love (To your new Lover). Denn, manchmal endet man nicht mit der Person, von der man dachte, dass es der oder die Eine ist. Manchmal kommt es anders und manchmal kommt es sogar besser. Und, wenn Adele es geschafft hat, über die mysteriöse Person hinwegzukommen, die das vielleicht dramatischste Liebeslied aller Zeiten inspiriert hat, dann können wir das auch. Es hat einfach nicht sein sollen. Stattdessen sollten wir, ganz wie Adele etwas Wunderbares aus unserem Verlust schöpfen, denn es ist immer noch besser auf der Bühne der Royal Albert Hall zu weinen, als bei Netflix und Schokolade. Davon kann Adele ein Lied singen.

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Bildquelle: Ian Schneider/unsplash.com GIFs: GIPHY