Kuscheln

Hilfe, ich stecke fest! Die Quarterlife-Crisis – Ein Kommentar

Die Schulzeit ist lange vorbei, der Bachelor ist geschafft, das Auslandsjahr wurde gut überstanden und so langsam fragen die Eltern, wann man denn eigentlich mal so richtig Geld verdienen wolle. Noch wirkt alles relativ entspannt, schließlich ist man gut ausgebildet und spätestens nach dem Master, da kommt dann das große Geld. Oder? Das alte Jahr geht, das neue kommt und pünktlich zum 25. Geburtstag, kriecht sie um die Ecke – Die Quarterlife-Crisis. Woher sie kommt und was man gegen sie tun kann.

Ich sitze auf dem Junggesellinnenabschied einer guten Bekannten und halte mich verkrampft an meinem Sektglas fest. Die darin schwimmende Erdbeerhälfte schaut mich vorwurfsvoll an, während ich verzweifelt versuche irgendeine Art von Spaß bei dieser Veranstaltung zu empfinden. „Jetzt guck nicht so traurig“, scheint sie mir zuzuraunen. „Du bist auf einem Junggesellinnenabschied! Sei mal ein bisschen ausgelassener!“ „Ich gebe mir ja Mühe“, erwidere ich grimmig, „aber ich glaube ich bin hier verkehrt!“ In dem Moment tippt Hannah mir lachend auf die Schulter und unterbricht so, das äußerst relevante Zwiegespräch zwischen der Erdbeere und mir. „Was sitzt du denn hier so alleine herum?“ Fragt sie berechtigterweise. „Wir sind alle da drüben und singen Karaoke. Gleich kommt Jenny from the Block, das ist doch genau dein Song!“ Sie lacht und greift nach meiner Hand, um mich in Richtung Bühne zu ziehen. „Warte, ich muss vorher noch kurz auf die Toilette, dann komme ich nach.“ „Ja gut, aber beeil dich. Den Rap-Teil kann nämlich kein anderer!“ Jaja.

Ich setze mein Glas ab und verschwinde auf die Toilette, um mich dort auf den geschlossenen Deckel zu setzen. Okay, durchatmen.

Was ist denn dein Problem?

Natürlich weiß ich genau, wo mein Problem liegt. Ich habe nicht umsonst in den vergangenen Jahren diverse mega lustige Klassentreffen gemieden und bin bei Dorffesten leider immer schon verplant gewesen. Ich hatte keine Lust auf diese übertriebene Freundlichkeit. Dieses ‚mein Haus, mein Boot, mein Auto‚-Verhalten, welches sich typischerweise auf solchen Veranstaltungen ereignet. Das lag zu einem guten Stück auch daran, dass ich im konservativen Sinne nichts vorzuweisen hatte. Denn während meine ehemaligen Klassenkamerad*innen langsam, aber sicher heirateten, Kinderzimmer einrichteten oder sich mit der Fliesenfarbe für das neue Badezimmer beschäftigten und nebenbei wie ganz selbstverständlich Karriere machten, taumelte ich ein bisschen tollpatschig durch Uniabschlüsse, Trennungen und Nebenjobs. Dass vor zwei Jahren Corona Einzug in mein Leben hielt, half da auch nicht gerade.

Der Vergleich ist das Ende des Glücks

Woran liegt es eigentlich, dass das Glück anderer Menschen einen so unglücklich machen kann? Ist das nicht furchtbar charakterschwach? Die Antwort ist wie immer: Es kommt drauf an.

Zum einen vergleichen wir uns mit Menschen, weil es uns Informationen darüber gibt, wer wir sind und wo wir in unserem sozialen Umfeld stehen. Der Menschen existiert nur im Vergleich. Was kann ich gut, was nicht so gut? Wie geht es mir? Wie groß ist mein Besitz? Das ist vor allem im sozialen Kontext wichtig, weil es die Gruppendynamik stärkt und die Rangordnung klärt. Das mag zunächst einmal hart klingen, aber gerade im Arbeitsumfeld sind diese Gleichnisse sehr wichtig. Bin ich Chef oder Angestellter, Lehrling oder Studentin? Gleichzeitig helfen Vergleiche uns dabei, unsere körperlichen Fähigkeiten besser einzuschätzen. Wenn ich in einen Konflikt mit jemand Stärkerem gerate, dann ist die Option ‚Rennen‘ sicherer als die Option ‚Angreifen‘.

Zum anderen lernen wir durch Vergleiche. Wenn jemand etwas besser kann als wir und wir dies erkennen, dann bietet sich für uns eine Lernmöglichkeit. Unser Ehrgeiz ist geweckt, wir können besser werden. Auch neue Umgebungen verleiten uns dazu, uns öfter mit anderen zu messen. Ein neuer Job, ein Hobby oder ein Umzug können dazu führen, dass wir uns häufiger vergleichen als wir es unter normalen Umständen tun würden.

Somit ist das ständige Vergleichen mit anderen zunächst einmal völlig ungefährlich und normal.