Kuscheln

Hilfe, ich stecke fest! Die Quarterlife-Crisis – Ein Kommentar

Doch was, wenn der Vergleich zum Problem wird?

Vergleiche werden immer dann zum Problem, wenn sie dem Menschen schaden. Das kommt besonders häufig bei Personen mit Depressionen oder Angststörungen vor, lässt sich aber auch bei Menschen ohne psychische Herausforderungen beobachten. Anstatt Vergleichspersonen zu wählen, die einem ähnlich sind, misst man sich mit Menschen die unerreichbar scheinen. Dadurch kommt es zur Selbstabwertung. Nicht das Vergleichen an sich ist das Problem, sondern die Art und Weise. Dies kann auf allen Ebenen stattfinden (Körperbild, Fähigkeiten, Beruf etc.) und führt zu einer Abwärtsspirale, die darin endet, dass man sich gar nichts mehr zutraut.

Was kann da helfen?

Zunächst ist es sicher gut, sich zu fragen, was man eigentlich wirklich will. Ja, Anja hat schon ein Kind, aber will ich das überhaupt? Klar, Karsten baut jetzt sein Haus, aber ist das überhaupt mein Ziel?

Menschen, die wissen, was sie selber wollen und wie sie dort hinkommen, haben weniger Probleme mit negativen Vergleichen und können anderen ihre Erfolge besser gönnen. Ist dieser Schritt vollbracht, lohnt es sich zu fragen, ob die Wünsche und Ziele, die man sich da gerade durch den Vergleich steckt, aktuell wirklich realistisch sind.

Da kann die Antwort lauten: Ja, ich hätte schon gerne Kinder, aber erst in fünf Jahren. Somit hat man den Vergleich zwar angestellt, kann diesen aber auch beruhigt in die Zukunft verschieben. Gerade in der Quarterlife-Crisis ist diese Art des Umgangs noch ziemlich dankbar, denn man hat ja doch noch ganz schön viel Leben vor sich.

Weiterhin loht es sich, darüber nachzudenken welche Ziele man realistisch verwirklichen kann, denn der Menschen neigt dazu, sich zu viel vorzunehmen. Ein Beispiel dazu: Wenn ich im Fitnessstudio jemanden sehe, der ein richtig ausgeprägtes Sixpack hat und entspannte 35km/h auf dem Laufband joggt, werde ich mich vielleicht fragen, warum ich nicht so aussehe. In solchen Momenten darf man gerne innehalten und sich fragen, was es denn für sein Leben bedeuten würde, so einen Körper anzustreben. Wie wirkt sich das auf mein Sozialleben aus? Welche Auswirkungen hätte dieser Lifestyle auf meine Karriere, meine Familie? Habe ich die Zeit 6x die Woche ins Fitnessstudio zu gehen? Macht mir das Spaß?

Die Antwort auf diese Fragen kann ein enthusiastisches Ja! sein. Ist es das aber nicht, darf man auch diesen Vergleich gerne ruhen lassen. De facto funktionieren diese Mehrebenenvergleiche nur sehr selten. Man kann nicht gleichzeitig aussehen wie Angelina Jolie, das Gehirn von Stephen Hawkins haben und die Oberarme von The Rock, einen Nobelpreis gewinnen und zur Mutter des Jahres gekürt werden. Irgendwo wird man Abstriche machen müssen und das ist okay.

Die Antwort auf die große 25

Fakt ist doch: Wir kommen alle irgendwann an. Bei uns selbst und in unserem Lebensmodell. Die einen früher und die anderen später, das hat aber nichts mit der Wertigkeit oder Qualität eines Lebens zu tun. Es gibt nicht nur DEN einen Weg, sondern unendlich viele Möglichkeiten. Man muss sich nur irgendwann für eine davon entscheiden. Eine sehr gute Freundin von mir hat mal einen unendlich wichtigen Satz gesagt, der mir bis heute immer wieder in Erinnerung kommt, wenn ich am liebsten gar keine Entscheidung treffen möchte:

„Man muss auch mal Türen schließen, sonst zieht’s im Hausflur.“

Und damit hat sie Recht. Denn es gibt keine falschen Entscheidungen. Wer weiß schon, wofür der Umweg gut war?

Ein letzter Gedanke hierzu: Vielleicht sollten wir Vergleiche einfach mal rumdrehen. Anstatt sich darüber Gedanken zu machen, was man alles nicht kann/hat, lieber darüber nachdenken, was man alles erreicht hat und wie gut das eigene Leben doch ist. Macht auf jeden Fall zufriedener.

Also: Ich kann jetzt hier auf der Toilette der Karaokebar sitzen und mir den Kopf über die Entscheidungen meines Lebens zerbrechen, während die anderen Spaß haben oder ich kann mein Leben mal kurz Leben sein lassen und mich dank Jennifer Lopez heiser singen.

Woran werde ich mich wohl später lieber erinnern?

Gleich weiterlesen:

Bildquelle: Tim Samuel von Pexels; CC0-Lizenz