Hommage an den Fernbus

Bus(si): Eine Hommage an den Fernbus

Es ist soweit und war doch irgendwie absehbar: Die Deutsche Bahn wird ihre Fernbuslinie „Berlin Linien Bus“ zum Ende des Jahres 2016 einstellen. Nicht einmal lustige Werbespots mit Omi haben noch etwas bewirkt, um den Konzern umzustimmen, denn die Zahlen sprechen einfach für sich. Laut Spiegel machte die Bahn mit ihren Fernbussen nicht einmal 30 Millionen Euro Umsatz im Jahr, allerdings 15 Millionen Euro Verluste. Immer weniger wird letztendlich mit den von uns so geliebten Fernbussen verdient – des einen Freund ist des anderen Leid. In Anbetracht dessen stellt man sich auch als begeisterter Kunde von Flixbus und Co. die Fragen des sinnvollen Nutzens. Brauchen wir diese Fernbusse wirklich? Reichen Zug und Flieger etwa immer noch nicht aus? Die Antwort lautet ganz eindeutig: Nein!

Damit der Fernbus in Zukunft nicht ausstirbt und uns weiterhin mit seinen Strecken erfreut, ist es an der Zeit, eine kleine Hommage an ihn zu richten. Manch einer würde es sogar als Liebesbrief bezeichnen, aber ich persönlich halte nichts von Kitsch.

 

Liebster Fernbus – oder darf ich dich Bus(si) nennen?

 

Es ist an der Zeit, Danke zu sagen, denn das sagt man sowieso viel zu selten. Die Gesellschaft, in der wir leben, denkt andauernd, dass ein fettes „Dankeschön“ – wenn überhaupt – an einen Menschen gerichtet sein darf. Ich bin da gänzlich anderer Meinung! Deshalb breche ich heute alle Regeln und bedanke mich wahrhaftig rebellisch bei dir, liebster Fernbus. Ich finde dich spitze und dabei ist es mir ganz egal, ob du Flixbus, Megabus oder BerlinLinienBus heißt. Merci, dass es dich gibt, du Retter aller Pleitegeier!

 

Du befreist mich aus der Hochburg der Dekadenz

 

In meinen Stunden des Münchner Hasses, genau dann wenn die Dekadenz der Schickeria mir mal wieder gehörig auf den Sack geht, bist du für mich da. Zu jeder Tages- und Nachtzeit empfängst du mich mit offenen Armen und bringst mich einfach fort. Berlin, Hamburg oder Köln? Dein Angebot ist groß genug und obwohl ich mich am Abend zuvor erst bei dir (an)gemeldet habe, bist du pünktlich zur Stelle, um mich aufzugabeln. Du brennst mit mir durch – einfach so, ohne das zu hinterfragen. All das schätze ich wirklich an dir, denn auf dich kann ich mich einfach verlassen. Merci, dass es dich gibt!

 

Du bist nicht eifersüchtig

 

Eifersucht? Kennst du nicht. Selbst wenn ich mich wochenlang nicht bei dir gemeldet und unsere Beziehung zugegebenermaßen etwas vernachlässigt habe, bist du mir nicht böse. Du bleibst mir sogar dann noch treu, wenn ich auf der dunklen Seite der Feinde umhertingle und mich mit AirBerlin und der Deutschen Bahn verspäte. Von dir kam noch nie ein gehässiger Spruch wie:“ Ich hab‘ dir das doch gleich gesagt, dass du mit den Idioten nirgendwo pünktlich ankommst.“ Du weißt einfach, dass ich solche Sprüche in verspäteten Situationen gar nicht abhaben kann, denn du kennst mich. Merci, dass es dich gibt!

 

Du hast mich verändert

 

Du hast mich irgendwie zu einem besseren Menschen gemacht. Durch dich und die Freiheiten, die du mir gibst, bin ich spontaner geworden, durch deine Bequemlichkeit und deine Reisezeit geduldiger und durch deine Preise deutlich sparsamer. Du bist das perfekte Kombipaket für jede Reise! Wenn ich dann wieder einmal an deinen großen Fensterscheiben lehne und innerlich den Erfolg zelebriere, eine ganze Sitzreihe für mich ergattert zu haben, merke ich wieder, dass das zwischen uns einfach mehr als nur Freundschaft ist. Für dich bin ich in den letzten Zeilen sogar über meinen eigenen Schatten gesprungen, denn ein bisschen kitschig war das schon, aber manchmal darf man auch das. Ich sagte ja bereits: Du hast mich verändert. Ich bin ehrlich: Ich steh‘ auf dich, Bus(si).

Liebste Grüße

Dein allergrößter Fan.

Bildquelle: averie woodard unter CC0 Lizenz

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