Böser Mieter, guter Makler – oder warum die Immobilienlobby sich gegen die Mietpreisbremse sperrt
Ein Freitagabend in einer beliebigen Wohnküche, irgendwo in einer deutschen Großstadt. Es wird zusammen mit Freunden am Tisch gesessen und über das Leben und die aktuelle weltpolitische Lage schwadroniert. Früher oder später taucht das Thema Wohnungsmarkt auf, vielleicht weil einer der Gäste gerade eine neue Bleibe sucht, oder jemand sich über die exorbitant steigenden Mieten in der Nachbarschaft echauffiert. Eigentlich ein wirklich dröges Thema, trotzdem hat irgendwie jeder etwas dazu zu sagen. Allein schon, weil so ziemlich jeder schon mal in der Situation steckte, eine Wohnung oder zumindest ein WG-Zimmer suchen zu müssen.
Statistisch gesehen lebt der Großteil der deutschen in anderer Leute Häuser. So ziemlich jeder hat schon die Internetportale Immowelt.de oder WG-gesucht durchstöbert auf der Suche nach einer bezaubernden, bezahlbaren und bewohnbaren Bleibe. Nur die wenigsten haben schließlich den Luxus, in Papas Altersvorsorge aka die Eigentumswohnung in der Stadt ziehen zu können. Gefühlt täglich ist in den großen Tageszeitungen zudem immer wieder die Rede von rasant steigenden Mietpreisen, Wohnungsmangel und Mieterverdrängung. Besonders auf angespannten Wohnungsmärkten wäre es für Mieter eine finanzielle Erleichterung, wenn die Mietpreise nicht mehr ungehemmt steigen würden.
Mietpreisbremse als Vorbote des Sozialismus? Wohl kaum!
Die Entwicklung ist so eindeutig, dass sich sogar die Politik mit der Thematik beschäftigt hat und seit 2013 von einer geplanten Mietpreisbremse spricht. Staatlich regulierte Mietpreise? „Ja, wo kommen wir denn da hin“, poltert es aus der Immobilienbranche, die durch die Mietpreisbremse die Einführung des Sozialismus fürchtet. Sie argumentiert, dass sich der Markt von selbst reguliert und der Staat nicht über Eigentum einzelner entscheiden darf. Auch das Bestellerprinzip stößt den Maklerverbänden sauer auf, weil sie anscheinend die Provision lieber von den Mietern als von den Vermietern kassieren wollen. Klar gefällt denen, die von steigenden Mieten und hohen Provisionen profitieren, eine Deckelung ihrer Einnahmen nicht. Also arbeitet die Immobilienlobby fleißig an der Blockierung des geplanten Gesetzesentwurfes – anscheinend mit Erfolg, denn seit etwa 14 Monaten befindet sich das geplante Gesetz in der Schwebe. In der Zwischenzeit steigen die Mietpreise in München, Berlin, Hamburg und Co. weiter und der Umsatz von Immobilienverkäufern befindet sich auf einem Rekordhoch, weil alle Welt meint, mit Immobilien richtig Kohle machen zu können – auf Kosten der Mieter.
Wohnen muss bezahlbar sein
Das Lieblingsargument der Immobilienwirtschaft, dass Immobilien ein Wirtschaftsgut wie jedes andere sind und deshalb wie z.B. Bleistifte und Autos frei handelbar sein sollen, ist mehr als strittig. Der geplante Eingriff auf den Markt erfolgt aus sozialen Aspekten und nicht aus einem unbegründeten Kontrollwahn heraus. Der Mensch braucht eine Wohnung, und die muss er sich auch leisten können. Bleistifte und Autos hingegen sind nicht gerade überlebenswichtig. Fakt ist, dass in begehrten Wohnlagen ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen herrscht. Der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Einkommen beträgt in Deutschland etwa 30 Prozent. Das ist nicht gerade wenig. Für Geringverdiener, zu denen auch Studierende ohne reiche Eltern und Azubis zählen, ist die Belastung dabei oftmals noch höher.
Die Mietpreisbremse würde zumindest Preissprünge bei Neuvermietungen um 20 bis 30 Prozent verhindern, wie es sie in einigen Städten tatsächlich gibt. Maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete dürften auf bei der Wiedervermietung von bestehenden Mietwohnung draufgeschlagen werden. Allerdings garantiert das bei weitem keine Bezahlbarkeit, wenn man es genau nimmt. Wohnungen, die bereits über dem Mietspiegel liegen, bleiben auch weiterhin teuer. Auch mit Mietpreisbremse bleibt den Vermietern noch immer ein ordentlicher Umsatz, da kann man sich sicher sein. Die geplante Mietpreisbremse würde allerdings sowieso nur einige Symptome der aktuellen Immobiliensituation behandeln, nicht jedoch das eigentlich Problem beseitigen. Sozialer Wohnungsbau wäre da eine Möglichkeit, das grundlegende Problem von staatlicher Seite aus effektiv anzugehen. Dafür allerdings will man in der Politik kein Geld ausgeben, überschüssige Einnahmen steckt man schließlich lieber in eine wählerfreundliche Rentenreform. Das freut die Stammwähler mehr als sozial gerechter Wohnungsbau.
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Bildquelle: glasseyes view unter CC BY-SA 2.0