Interview: „Etwas Zynismus kann nicht schaden“

Er bringt Leute zum Lachen. Nicht, weil er Clown oder Politiker ist. Sondern weil er Gags produziert. Jakob Schreier, 29, studiert an der HFF München Drehbuch, schreibt aber nebenbei Witze. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass Oli Welke von der heute-show immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Und er hilft Kabarettisten auf die Sprünge, wenn denen mal nichts Lustiges einfällt. Wie er das macht? „Etwas Zynismus kann dabei nicht schaden“, sagt Jakob. Was es braucht, um ein guter Witzeschreiber zu sein, ob er eine Solo-Karriere plant und wieso man sich auch mal ein Programm von Mario Barth anschauen sollte, verrät er uns im Interview.

 

ZEITjUNG.de: Wie wurdest du Witzeschreiber?

Jakob: Das ging bei M94.5 los. Da hab ich ein bisschen Radiocomedy gemacht, bis ich gehört habe, dass man Witzeschreiber sein kann. Das fand ich super. Also war ich bei einem Workshop, der von der Produktionsfirma der heute-show veranstaltet wird. Danach haben sie mich eingeladen, mal wieder zu vorbeizuschauen. So kam das zustande.

Wie läuft das? Rufen die dich dann an und sagen „Hey Jakob, wir brauchen noch was Lustiges?“

Nee, die fragen dich, wann du Zeit hast und planen dich dann für das nächste halbe Jahr ein. Die haben zwar einen Haufen fester Autoren, wollen aber noch ein bisschen Abwechslung ins Programm bringen. Wenn man dann gebucht wurde, fährt man nach Köln und bespricht die Themen.

Für welche Sendungen schreibst du Gags?

Für die heute-show, für „Grünwald Freitagscomedy“, für ein paar BR-Formate wie „Viel Spaß“ und für ein paar Kabarettisten.

Sagst du uns, für wen genau?

Lieber nicht. Das wird gerne falsch verstanden. Die Leute sind dann entsetzt, wenn sie hören, dass ein Kabarettist nicht jeden einzelnen Witz selbst schreibt. Was ja kein Wunder ist. Wenn jemand eine monatliche Sendung hat, dann muss er eben genügend Sendematerial zusammentragen – ein bisschen Hilfe kann da doch nicht schaden.

Wie viel Übung braucht man, um etwas Witziges zu produzieren?

Ein Jahr.

Das ist ’ne ziemlich genaue Angabe!

War ein Witz (lacht). Eigentlich gar keine. Jeder kann irgendwie lustig sein. Aber auf Kommando was Witziges zu schreiben, ist schwierig. Da hilft etwas Übung schon enorm. Besonders, wenn man schnell etwas abliefern muss. Den Zeitdruck darf man nicht unterschätzen.

Du schreibst aber nicht nur Witze, sondern stehst auch auf der Bühne: als Moderator der „Großen Schau“ im Münchner Volkstheater zum Beispiel. Wie kam es dazu?

Da war ziemlich viel Zufall im Spiel. Leon Pfannenmüller (Ensemblemitglied des Münchner Volkstheaters, Anm. d. R.) wollte einen Ensembleabend auf die Beine stellen, damit man sich mal ein bisschen austoben kann, das gibt es in vielen Theatern. Über einen gemeinsamen Freund wurde ich dann da auch mit eingespannt.

Planst du eine Solokarriere als Stand-Up-Comedian?

Würde ich schon gerne, aber ich komme nicht dazu (lacht). Das Ding am Volkstheater ist großartig, da mache ich ja viel selbst. Das ist auch als regelmäßiges Format geplant.

Was braucht man, um in dieser Branche erfolgreich zu sein?

Die meisten Komiker, die ich kenne, tragen einen gewissen Zynismus in sich. Humor gegenüber dem Leben an sich. Daher kommt wahrscheinlich auch das Stereotyp vom traurigen Clown. Allerdings gibt es sicherlich mehr Zyniker als Clowns in der Unterhaltungsindustrie.

Aber gerade die Clowns sind doch am erfolgreichsten, oder? Schau dir Mario Barth an.

Ja mei. Der ist doch auch kein böser Mensch. Der macht halt sein Programm, und irgendwie finden das viele Leute gut. Mein Humor ist es auch nicht. Aber man sollte es sich anschauen, um zu verstehen, worin der Reiz liegt.

Auf der anderen Seite steht das Kabarett. Ernste Sachen, die humoristisch aufgearbeitet werden. Das scheint die Königsdisziplin für uns Deutschen zu sein.

Das mag schon sein. Ich würde mir wünschen, dass auch Humor, der keinen Bildungsauftrag leistet, Anerkennung findet. Im Moment besteht in „intellektuellen“ Kreisen eher der Konsens, dass reiner Klamauk auf der Bühne ziemlich nutzlos ist. In anderen Ländern ist das Witzigsein an sich viel mehr anerkannt als hier. In Deutschland muss in jedem Gag eine Message stecken.

Es wurde viel diskutiert, was Comedy darf und was nicht. Wo ist für dich die Grenze?

Eigentlich gibt es keine. Allerdings hat man schon ab und zu das Gefühl, dass gewisse Witze nur der Provokation wegen gemacht werden. Ich denke, wenn man riskiert, dass sich dadurch jemand verletzt fühlt, sollte der Witz das Ganze schon wert sein.

Was ist für dich gute Comedy?

Wenn ich darüber lachen kann. Ganz simpel. Wenn ein Witz einen wahren Kern hat. Vielleicht auch, wenn man sich beim Lachen etwas ertappt fühlt.

 

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Bildquelle: Thomas Gothier. www.thomasgothier.de