The Wombats im Interview: „Plötzlich herrscht Totenstille“
„Was, du triffst jetzt The Wombats? Kann ich mit?“ – „Klar!“ Und schon schließen Matthias und ich die Redaktionstür hinter uns und marschieren mit guter Laune durch die sonnige Münchner Innenstadt zu dem Hotel, in dem unser Interview stattfindet.
In der Lobby werden wir vom Tourmanager empfangen. Murph, der Frontmann der Band, braucht noch kurz. Nicht so schlimm, wir sind sowieso zu früh dran. Also überbrücken wir die Zeit, in dem wir die Hotel-Bar unsicher machen, Barkeeper spielen und verschiedenste Kamerablickwinkel für unser Interview ausprobieren. Nach kurzer Wartezeit öffnet sich der Vorhang und Matthew Murphy betritt die Bar. The Wombats zählen zu den erfolgreichsten Indie-Bands unserer Zeit. Auf der ganzen Welt füllen sie ausverkaufte Hallen, spielen vor hunderten von Menschen und bringen gute Laune in jedes Venue. So auch jetzt gerade wieder. Mit ihrem neuen Album „Beautiful People Will Ruin Your Life“ touren sie momentan durch Europa.
ZEITjUNG: Heute spielt ihr in München, morgen in Zürich und am Tag darauf in Wien. Gefällt dir das Reisen immer noch oder ist es mittlerweile zum notwenigen Übel geworden?
Matthew Murphy: Das Touren ist verrückt. Es ist völlig irrsinnig. Aber nein, ich mag es immer noch. Momentan ist meine Frau bei mir. Das macht es um 50% leichter so viel zu reisen. Wenn sie allerdings zuhause in L.A. ist, kann es schon schwieriger werden. Aber grundsätzlich liebe ich es zu reisen und neue Orte zu entdecken. Hier in München hatten wir zwei freie Tage und eine tolle Zeit. Das Touren gefällt mir, es ist mittlerweile zur Norm geworden und ich bin wie gemacht dafür.
Ihr tourt ja nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und sogar in Australien. Was sind die größten Unterschiede zwischen einer Europatour und einer in Übersee?
Naja, da gibt es nicht wirklich welche. Australier sind genau so verrückt wie Europäer. Und die USA werden gerade ebenso absurd für uns. In Japan zu spielen ist allerdings wirklich anders. Das ist nicht vergleichbar mit irgendeinem anderen Ort. Die Menschenmenge ist sehr respektvoll. Alle klatschen brav – und dann stoppt es und plötzlich herrscht Totenstille. Es wird nicht gedrängelt oder gerangelt – zumindest nicht auf unseren Shows. Die Leute sind sehr respektvoll und leise, weil sie jedes Wort einsaugen wollen, das auf der Bühne gesprochen wird. Es ist eine seltsame Atmosphäre für jemanden wie mich, der mit Crowdsurfing in abgeranzten Keller-Clubs groß wurde.
Was macht dir mehr Spaß? Ein Solo-Konzert oder ein Festival-Auftritt?
Festivals. Da gibt es weniger Druck und es ist willkürlicher, weil du keine Ahnung hast, was abgeht. Es ist nicht deine eigene Show. Du hast keine Kontrolle über irgendwas. Es ist ein „Lass uns auf die Bühne gehen und schauen, was passiert“-Feeling. Und das gefällt mir.
Euer neues Album heißt „Beautiful People Will Ruin Your Life“. Was steckt hinter diesem Titel?
Ich habe einfach versucht, alles zu sammeln, was mich zum Songschreiben motiviert. Ich habe versucht herauszufinden, was es genau ist. Und ich kam zu dem Ergebnis, dass die Menschen, die mir am nächsten stehen, am meisten Schaden verursachen können. Das wurde dann zum Titel des Albums.
Es ist also nicht die äußere Schönheit, von der du sprichst, sondern die inneren Werte?
Ja, ich denke es trifft auf beides zu – kosmetische und metaphysische Schönheit.
Die Musik auf dem Album geht in eine erwachsenere, dunklere Richtung, im Vergleich mit den vorherigen Alben. Wieso habt ihr euch entschieden, etwas Neues zu probieren?
Ich wollte etwas machen, das grundsätzlich organisch und analog ist. Bei unseren letzten beiden Alben haben wir viel mit Synthesizern gearbeitet. Alles klang poppig und groß. Ich dachte mir, wir sollten etwas machen, das unserer Rolle als 30-Jährigen entspricht. Das wichtigste ist, dass wir ein paar gute Songs haben und diese geschmackvoll aufnehmen – ohne danach irgendwelche Produktions-Magie darauf zu packen oder es zu sehr zu überdenken. Es soll sich so geschmackvoll wie möglich anhören und -fühlen. Das waren meine Gedanken hinter dem „erwachseneren“ Sound.
Wie haben eure Fans auf diese Veränderung reagiert?
Alles scheint sehr gut zu laufen. Also denke ich, dass die Reaktion ein Daumen nach oben ist.
Wird es ein weiteres Album geben?
Ja. Ich wollte ein neues Projekt starten. Ich denke, es wird ein Solo-Ding, aber nicht wirklich. Wobei es momentan so aussieht, als hätte ich keine Zeit dafür. Die Dinge laufen gut, also wollen natürlich alle, dass wir zurück ins Studio gehen.
Was war die Inspiration hinter „Lemon to a Knife Fight“?
Meine Frau und ich haben in Venice zu Abend gegessen. Wir fuhren über den Mulholland Drive zurück, ich schaute zu der Zeit viele David Lynch Filme und wir hatten einen höllischen Streit. Die ganze Szenerie, die David Lynch Filme und dieser Streit – es sah dort schon wie ein Musikvideo aus. Das war also meine Inspiration. Ich denke in dem Song geht es darum, in eine Situation zu gehen, von der man zuvor schon weiß, dass man sie nur verlieren kann, aber trotzdem hineinzugehen.
Eure Musikvideos versprühen Kreativität, auch wenn sie teilweise etwas düster sind. Kannst du uns etwas über den Entstehungsprozess erzählen?
Nicht wirklich, weil wir die Videos nicht selbst machen. Früher konnten wir mitentscheiden, was in unseren Musikvideos passiert, und natürlich können wir auch heute noch aussuchen, welcher Regisseur das Video dreht und welche Dinge darin gezeigt werden. Aber um vollkommen beteiligt zu sein, fehlt uns schlicht die Zeit. Die ersten beiden Videos dieses Albums wurden von Finn Keenan auf die Beine gestellt. Er ist auch das Video für „Greek Tragedy“ vom letzten Album verantwortlich. Wir lieben ihn einfach. Er ist a really twisted fucker basically (Anmerkung der Redaktion: Eine Übersetzung hätte diesen Ausdruck zerstört). Wir haben ihm also gesagt: „Mach was immer du willst.“
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Erst einmal die Tour hinter uns bringen. Außerdem versuche ich endlich diese dumme Erkältung loszuwerden. Wir werden in Oslo noch ein paar Songs aufnehmen, um eine Extended Version unseres Albums herauszubringen. Danach freue ich mich einfach darauf, nach Hause zu kommen und rumzumachen – mit meinem Hund.
Cool. Danke für deine Zeit.