Kampf um Karfreitag: Jungparteien fordern Ende des Tanzverbots

Am Karfreitag herrscht in ganz Deutschland ein striktes Tanzverbot: Doch ist dieses Verbot in einer Gesellschaft, in der sich nur noch die Hälfte der Bevölkerung als christlich identifiziert, überhaupt noch zeitgemäß?

Genau diese Frage stellen sich auch die politischen Jugendorganisationen von FDP, SPD und Grünen und fordern eine Abschaffung des Tanzverbots: Aus Protest planen die Jusos und die Grüne Jugend für diesen Freitag daher eine Karfreitagsparty in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Parallel dazu rufen die Jungliberalen (Julis) zu einer Protestaktion vor dem Hessischen Landtag in Wiesbaden auf. Viola Gebek, stellvertretende Landesvorsitzende der Jungliberalen, betont, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, der anderen Hälfte der Gesellschaft das Tanzen an diesem Tag zu verbieten. Lukas Schneider, Landesvorsitzender der Jusos, sieht in dem Verbot eine nicht mehr gerechtfertigte Einschränkung, die allein auf religiösen Gründen basiere. Er hofft, dass die Landes-SPD neue Mehrheiten schafft, um das Verbot aufzuheben, obwohl die Überzeugung der CDU eine Herausforderung darstellt.

Gegensätzliche Meinungen

Die Junge Union hingegen plädiert – wenig überraschend – für eine Beibehaltung des Tanzverbots an Karfreitag, Totensonntag und dem Volkstrauertag als „Tage der Einkehr und Besinnung“. Leopold Born, Vorsitzender der Jungen Union in Hessen, erläutert, dass es sich dabei auch um eine Frage der Toleranz gegenüber der Religion handele. Titus Dharmababu, Sprecher der Grünen Jugend, kritisiert das Tanzverbot hingegen als ein veraltetes Konzept, das nicht mehr der Realität vieler junger Menschen entspreche. Eine im vergangenen Jahr veranstaltete Party wurde trotz des Verbots nicht aufgelöst, was darauf hindeute, dass das Verbot für viele keine Relevanz mehr habe, so Dharmababu.

Dies bekräftigt auch eine aktuelle YouGov-Umfrage, bei der die Hälfte aller Befragten eine Lockerung des Tanzverbots an Karfreitag „eher“ bis „voll und ganz“ befürworten. Nur 30 Prozent haben eine Lockerung abgelehnt.

Quelle: YouGov

Das beinhaltet das Tanzverbot

Wie lang das Tanzverbot gilt, dürfen die einzelnen Bundesländer selbst entscheiden: Bayern hat mit 70 Stunden das längste Tanzverbot (Gründonnerstag 2 Uhr bis Karsamstag 24 Uhr), Bremen mit nur 15 Stunden hingegen das kürzeste (Karfreitag 6 bis 21 Uhr). In dieser Zeit müssen Clubs und Diskotheken geschlossen bleiben und auch öffentliche Veranstaltungen (darunter fallen nicht nur Tanz-, sondern auch Sportveranstaltungen) bleiben untersagt. Feiern im privaten Raum sind nicht verboten, es muss aber auf die Lautstärke geachtet werden.

Fällt das noch unter Toleranz?

Befürworter*innen des Tanzverbots mahnen oft, es sei eine Sache „religiöser Toleranz“: Man müsse es einfach hinnehmen können, wenn ein paar Tage im Jahr ruhiger sind als die anderen. Man kann ja an allen anderen Tagen im Club feiern gehen, wo liegt da also der Unterschied?

Der Unterschied liegt darin, dass das staatlich verordnete Tanz- und Veranstaltungsverbot am Karfreitag rein religiös motiviert ist, aber dennoch alle Menschen einschränkt – ganz gleich, ob dieser Tag für sie nun tatsächlich irgendeine religiöse Relevanz hat oder nicht. Warum sollte es ein Zeichen von Intoleranz sein, sich als Nicht-Christ*in im eigenen Alltag nicht nach den religiösen Vorstellungen des Christentums verhalten zu wollen? Wer will, kann den Tag für sich in ruhigem Gedenken verbringen: Das ist es, was Religionsfreiheit bedeutet! Nicht, dass eine Hälfte der Gesamtbevölkerung der anderen Hälfte vorschreiben darf, wie diese einen bestimmten Tag zu verbringen hat.

Gleich weiterlesen:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTikTok und Instagram

Bildquelle: Trinity Kubassek via Pexels, CC0-Lizenz