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Zu früh, zu spät: Regeln fürs Daten

Die Singles legen sich auf die Lauer. Dabei vollführen sie ein nicht einheitliches, eigentlich sehr kompliziertes und verwirrendes Balzritual. Aus mir unerklärlichen Gründen werde ich des Öfteren von Freunden dazu um Rat gefragt. Als hätte ich eine Ahnung… Aber die Gespräche sind immer sehr interessant und ich lerne ein paar Dinge dazu. Mein letztes Date ist über ein Jahr her und das Date vor meinem letzten Date… nun ja, mehr als fünf Jahre. Die grundlegende Art der Kommunikation hat sich in dieser Zeit verändert. Also, nur um das klar zu stellen: Ich bin da alles andere als ein Experte. Dennoch wundert mich das Fehlen von so offensichtlichem Grundwissen. Es sind oft technische Fragen wie:

„Wie, wann und was schreibe ich ihr?“

Ein Klassiker (wie diese elegante Überleitung). Ich bin da ziemlich oldschool. Ich hasse WhatsApp. Nichts geht über einen Anruf. Die Stimme und Tonlage des anderen hören zu können. Es ist so viel einfacher, da Sympathien greifbar werden und so erst die Möglichkeit entsteht, richtig zu flirten. Außerdem merkt man sehr schnell, ob man sich gegenseitig versteht – was grundsätzlich der Fall sein sollte. Eine Textnachricht ist da ungefähr so sensibel und persönlich wie die WhatsApp eines Kumpels, der dir kleine Haikus schickt, während er auf dem Scheißhaus sitzt. Aber ich komme um das Tippen nicht herum und ein einfaches „Hey!“, gefolgt von einem Kompliment, scheint für den Anfang zu reichen.

„Sie antwortet! Was jetzt?“

Die häufigste Antwort zum weiteren Inhalt lautet wohl: „Was Witziges.“ Ja, das lasse ich jetzt einfach mal so stehen.

Bleibt noch die Frage: „Wann antworten?“. Wann einem danach ist! So einfach. Es wirkt umso unkomplizierter, je mehr man es unkompliziert macht. Sofort antworten ist ehrlich. Es signalisiert, dass man Interesse hat und deswegen machen wir diesen ganzen Mist doch überhaupt. Wenn man es künstlich hinauszögert, dann hat keiner was davon (das gilt nicht für Sex, aber dazu später).

“Ist das erste Date gut gelaufen?“

Also, die Antwort kann man sich mal schön selbst geben. Habt ihr euch amüsiert? Habt ihr gelacht? Wenn man das mit einem „Ja!“ und einem Lächeln beantworten kann, dann habe ich den Eindruck, ihr wolltet keine Antwort darauf, sondern einfach nur angeben und schwärmen. Außerdem interessiert mich nur eine Frage: „Gab es einen ersten Kuss?“ Ich finde das wichtig. Nichts ist so entscheidender wie die Art und Weise meines Gegenübers, mit mir Muskelbewegungen und Speichel auszutauschen. Wie schmeckt sie? Wie zärtlich ist sie? Kommt sie von links oder von rechts? Beißt sie? Die ersten Eindrücke sind unendlich lang, aber gebündelt ergeben sie am Ende ein gutes oder ein schlechtes Gefühl, dass die Grundlage für ein weiteres Date ist.

Ich habe nie Angst vor dem ersten Kuss. Ich freue mich darauf wie ein kleines Kind auf seinen Nachtisch, aber ich verstehe die Angst kurz davor. Ich habe nämlich Angst, ihn zu verpassen. Was totaler Quatsch ist, denn man muss schon ziemlich blind sein, um nicht zu registrieren, dass sie dir ständig auf die Lippen starrt und ihre alle drei Sekunden anfeuchtet.