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Holger Allmenroeder: Katholischer Pfarrer und schwul

ZEITjUNG: Wie wird im Theologiestudium und bei Seminaren mit dem Thema umgegangen?

Holger Allmenroeder: Das kann man sich als eine Nullblase in Fortbildungen usw. vorstellen. Ich kenne zwar meine schwulen Priester-Kreise, aber im Alltag des Dekanats beispielsweise ist das kein Thema – wenn ich es nicht zum Thema mache. Normalerweise wird das ausgeschlossen. Bei den katholischen Priestern ist das immer so, dass viele Angst haben, ihr Zölibat zu verraten. 

In der letzten Zeit, nachdem Rom diesen Blödsinn geschrieben hat, dass sie sich nicht in der Lage sähen es zulassen zu können, dass die Kirche oder Priester gleichgeschlechtliche Paare segnet, bin ich ein bisschen ausfallend geworden. Im Grunde ist das System zu verstehen, aber so zu akzeptieren ist es nicht. Zumindest in den deutschsprachigen Ländern machen das die Menschen so nicht mehr mit. Ich habe meine Tentakel auch in den USA, Frankreich, Großbritannien, und ich merke, dass es da lange noch nicht so ein Thema ist. Aber ich versuche ein bisschen was anzustoßen. Meine Gemeinden sind recht liberal und sie haben sich über die Zeit an mich gewöhnt. Das war für die auch erst mal etwas Fremdes. Ich merke aber durch meinen Artikel, den ich online gestellt habe und den das Bistum Mainz auch auf seiner eigenen Homepage veröffentlicht hat, dass da was ins Rollen kommt.

ZEITjUNG: Warum fällt es Teilen der katholischen Kirche so schwer, LGBTQ+ zu tolerieren? 

Holger Allmenroeder: Religion ist in der Tendenz konservativ: Sie unterstützt Regeln, die schon immer so waren. Ich beschreibe im sozialwissenschaftlichen Sinne die Kirche immer als ungleichzeitig. Die evangelische Kirche ist mit dem Thema schon längst durch, weil sie keine weltumspannende Kirche ist, wie sich Rom versteht, sondern das sehr partiell löst. Die katholische Kirche ist da anders. Ich habe aktuell durch die ganzen Interviews viel Rücklauf aus dem Ausland und merke, dass die Menschen dort ganz verschieden ticken. In einigen Ländern ist das Thema ein absolutes No-Go. Rom hat hier immer den Habitus: Wir müssen das alles zusammenhalten. Katholische Kirche in Afrika beispielsweise ist so reaktionär, dass du Glück hast, nicht gesteinigt zu werden. Oder Polen: Der Klerus ist homophob, femiphob und so weiter. Kirche ist also weltweit ungleichzeitig und sie haben Angst, dass ihnen das Ganze um die Ohren fliegt, wenn sie das nicht alles einheitlich machen. Ich sage, es wird ihnen um die Ohren fliegen, wenn sie da nicht zu differenzieren wissen. Ich habe nicht aufgehört zu sagen, dass Glaube etwas Freies und nicht etwas Diskriminierendes ist.