Kosovos Jugend und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Von Vjosa Çerkini
Zwischen Albanien, Serbien, Mazedonien und Montenegro liegt der Kosovo. Rund 1,8 Millionen Einwohner, zwei Drittel davon unter 30, 70 Prozent von ihnen haben keine Arbeit. In Scharen zieht es sie weg aus dieser kleinen, vom Krieg geschüttelten Republik, eine Zukunftsperspektive haben nur wenige. Immer mehr wollen deshalb nach Europa, als Arbeiter und Studenten, viele kommen auch als Asylsuchende. Bleiben dürfen Letztere meistens nicht. Sie sind die vielbeschriebenen Wirtschaftsflüchtlinge ohne Aussicht auf Anerkennung. Trotzdem geben einige engagierte junge Kosovaren die Hoffnung nicht auf, dass ihr Land schon bald einer besseren Zukunft entgegenblicken könnte.
Vjosa Çerkini hat drei von ihnen getroffen.
Mit guten Arbeitsplätzen verbreitet sich endlich auch Optimismus
Der Kosovo ist das jüngste Land der Welt. Ein Land, das hauptsächlich mit den Themen Krieg, Armut, Korruption und hoher Arbeitslosigkeit in Verbindung gebracht wird. Aber dort gibt es auch Menschen, die hart dafür arbeiten, den kleinsten Staat Europas vorwärts zu bringen. Zum Beispiel Drenusha Shala, eine junge Kosovarin, die in der Schweiz aufgewachsen ist. Sie hat lange dort gelebt und studiert, ist aber nun in den Kosovo zurückgekehrt. “Wir wollten im Kosovo Arbeitsplätze schaffen. Hier kann man mit sehr wenigen finanziellen Mitteln sehr viel bewirken.” ,sagt Drenusha. Sie hat ein auf Call Center Dienstleistungen spezialisiertes Unternehmen mit dem Namen Baruti gegründet, für das mehr als 240 Mitarbeiter tätig sind. “Uns Inhabern ist in der ersten Phase der Entwicklung der Geschäftsidee aufgefallen, dass im Kosovo eine wachsende Zahl von Rückwanderern aus deutschsprachigen Ländern auf Stellensuche ist. Dabei fällt es insbesondere der jüngeren Generation, welche ihre Jugend mehrheitlich im Ausland verbracht hat, schwer, sich ‚zurück‘ zu integrieren.“
In ihrem Unternehmen sind mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer jünger als 35 Jahre. “Der Enthusiasmus und das Engagement hängen stark von Erwartungen ab. Erwartungen bestimmen die Wirtschaftsentwicklung eines Landes. Hat die Jugend negative Erwartungen, so wird sie sich entsprechend demotiviert fühlen und nicht engagiert sein, sprich: sie bildet sich nicht aus, bemüht sich nicht und denkt nur daran, wie man das Land schnellstmöglich verlassen kann. Gibt man der Jugend jedoch eine Chance, finanziell unabhängig zu sein, indem man gute Arbeitsplätze schafft, so merkt man, wie sich Optimismus verbreitet: die Jugend hat auf einmal positive und höhere Erwartungen an sich selbst und an ihre Umgebung.” sagt Shala.
„Die kosovarische Bevölkerung hat großes Potential.“
Remzie Shahini-Hoxhaj ist Dozentin an der Universitat Pristina. Sie hat den Master-Studiengang Publizistik und Kommunikationswissenschaft und das Doktorat an der Uni Wien abgeschlossen. “Es war immer mein Plan, dass ich nach meinem Studium nach Pristina komme, die Hauptstadt des Kosovos. Ich hatte nie die Absicht, im Ausland zu leben und zu arbeiten. Es war immer mein Ziel und meine Motivation, etwas zur Entwicklung meines Landes beitragen zu können“, sagt sie. „Ich glaube, das habe ich auch bei meinen Studenten erreicht. Ich finde es wichtig, dass Leute, die im Ausland studiert haben, zurückkehren, damit sie auch hier im Land etwas bewirken.“ An der Uni, an der sie unterrichtet, gibt es viele Studenten, die das Land verbessern wollen. “Ich denke, dass die kosovarische Bevölkerung großes Potential hat. Die jugendlichen Kosovaren sind engagiert und versuchen, ihr Bestes zu geben. Aber ich denke auch, dass die Studenten zu meiner Zeit etwas motivierter waren – wir wussten manchmal nicht, ob wir den nächsten Tag erleben. Es waren eben komplett andere Bedingungen, damals im Krieg.“
Mehr Hoffnung – mehr Engagement – mehr Selbstbewusstsein
Auch sehr junge Kosovaren sollen schon früh gefördert werden – das erhöht ihre Chancen auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft und mindert das Risiko der Arbeitslosigkeit. Fiona Shehu und ihre ältere Schwester Arta Shehu-Zajmi haben eine Programmier-Academy namens jCoders gegründet. Dort lernen Kinder die Grundlagen des Programmierens. “Wir wollten, dass Kinder spielend das Programmieren lernen können. Da haben wir die Sache in die Hand genommen und angefangen, die Academy auf die Beine zu stelle.” sagt Fiona. Ganz ohne Probleme lief das natürlich nicht ab. „Natürlich ist die Finanzierung eine der größten Herausforderungen für ein neu gegründetes Unternehmen – auch im Kosovo.“
An all diesen Beispielen sieht man, dass es in diesem kleinen Land eine neue Generation voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft gibt. Sie ist motiviert, engagiert und selbstbewusst, will mit anpacken und kann hohe Erwartungen erfüllen – man muss ihr nur die Chance geben.
Die Autorin wurde in Pristina, Kosovo geboren und floh 1998 mit ihrer Familie wegen des Krieges nach Deutschland. 1999 ist sie in den Kosovo zurückgekehrt und studiert seit 2011 an der Universität in Pristina Journalismus.
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Bildquelle: Vegim Zhitija unter CC BY-SA 2.0