Aleppo Zeitjung Titelbild

Diese Siebenjährige twittert aus dem zerstörten Aleppo

Twitter, Instagram und Facebook sind inzwischen fester Bestandteil unseres Lebens geworden, denn Soziale Netzwerke und Likes geben uns endlich die richtige Dosis Selbstinszenierung und -bestätigung. Während wir morgens fröhlich drauf los twittern, Follower sammeln und die große Karriere als Blogger anstreben, rauscht nebenbei die Berichterstattung der Medien an uns vorbei. Die Zeitung wird in unserer echten Welt kaum mehr gelesen und in der virtuellen auch nur, um per Push-Nachricht kurz und knapp über das Wichtigste informiert zu werden. Die Tagesschau mit Claus Kleber und Gundula Gause läuft – wenn überhaupt – parallel zu Netflix und die fünfminütigen News-Meldungen im Radio werden abgelöst durch einen anderen Sender, auf dem man weiterhin den Lieblingssong mitgrölen kann. Wir ignorieren das Geschehen in der Welt größtenteils und selbst wenn wir die ein oder andere Schreckensmeldung zu Ohren bekommen, kuscheln wir uns unter unsere warme Bettdecke und zeigen nicht mal ein Fünkchen Betroffenheit, denn hier in Deutschland geht es uns gut.

Bana al-Abed ist ein siebenjähriges Mädchen aus Aleppo, die vermutlich reifer ist als so manch 25-Jähriger unter uns. Sie möchte die andauernde Ignoranz unserer Wolfühl-Gesellschaft gegenüber den schrecklichen Schandtaten der Welt beenden und uns mit ihrem Twitter-Account den Spiegel vorhalten.

 

„Stop the bombing now, I want to sleep. I’m tired. – Bana“

 

Seit September twittert das kleine Mädchen gemeinsam mit ihrer Mutter Fatemah direkt aus deren Heimatstadt Aleppo im Norden Syriens. Aleppo ist seit Jahren die blutige Hochburg des Syrienkonflikts, dessen Alltag aus Luftangriffen und Selbstmordattentaten besteht. Heute ist das ehemals beliebte Touristenziel Aleppo eine Stadt unter Trümmern und wird als „Hölle auf Erden“ beschrieben. Seit einigen Wochen herrscht dort der absolute Ausnahmezustand, denn die Versorgung von Wasser, Nahrungen, Strom und Medikamenten wird zunehmend knapper. Egal ob Kinder oder Erwachsene, der Krieg macht vor keinem Halt und genau das zeigt uns Bana al-Abed auf ihrem Account. Ihre Tweets sind weniger eine Form der Information und Berichterstattung, sondern vielmehr eine Beschreibung ihrer Kindheit inmitten eines Kriegs, der auch in naher Zukunft nicht enden wird. Mit kurzen Sätzen wie: „Stoppt die Bombadierung, ich möchte schlafen. Ich bin so müde.“ erreichte sie in den vergangenen Wochen bereits knapp 25.000 Follower, die ihr zwischen den Trümmern mitverfolgen und immer wieder feststellen, wie schmal der Grat zwischen Leben und Tod sein kann.

 

Ein Mädchen steht für dutzende syrische Kinder

 

Während wir also morgens in unseren warmen Bettchen liegen und mit unserem alltäglichen Status-Update beschäftigt sind, um der virtuellen Gesellschaft von einem tollen Tag zu berichten, erzählt diese Siebenjährige von den Bomben die vom Himmel über ihr fallen. Dieses Mädchen steht täglich nicht vor der Entscheidung, welches Outfit sie tragen soll, sondern vor der Entscheidung zwischen Leben und Tod. Im Gegensatz zum Outfit kann sie diese Entscheidung allerdings nicht selbst treffen.