Frau hält sich Gorillaz-LP vors Gesicht

Liebeserklärung an: Die Gorillaz

Ein nicht alternder, höchst formbarer Deckmantel

Hinzu kommt noch: Auch, wenn man natürlich nie ein Album deswegen kaufen sollte, weil einem das Cover gefällt, sticht eure Musik durch den künstlerischen Aspekt hervor, mit dem ihr sie optisch umgarnt. Ihr seid eine virtuelle Band, bestehend aus grotesk anmutenden Comicfiguren. Das hat mich damals als Zwölfjährigen begeistert und tut es heute noch immer. Ob es Zufall ist, dass gerade um die Jahrtausendwende gleich mehrere Bands und Interpreten einen solchen Deckmantel suchten, um sich unter und hinter etwas zu verstecken? Daft Punk haben ihre Helme, Deadmau5 hat seinen gigantischen Maus-Kopf, ihr habt eure Comic-Alter-Egos. Alles um die Jahrtausendwende, als das Internet damit begann, zum Alltag und allgegenwärtig zu werden.

Damon Albarn (links) auf der Bühne in London, Brixton Academy, im Juni 2017

Vielleicht hat Damon Albarn, Kopf hinter eurer Band, eben jenes virtuelle Motiv damals bewusst ausgewählt, um im Zeitalter des beginnenden „always on“ eben doch ein Versteck gefunden zu haben. Ein Versteck, das man hervorragend ausnutzen und hervorstechen lassen kann, indem man diese skurrilen Figuren mit violetten Haaren, schaurig-grünlichem Hautton und befremdlich wirkenden Augen ins Spotlight schob. Vielleicht auch deshalb eine gute Entscheidung, weil ihr, liebe Gorillaz, dadurch in gewisser Weise zeitlos seid. Wenn ihr wollt, könnt ihr heute noch genauso aussehen wie vor 20 Jahren. Ihr könntet, so ihr denn wolltet, in eure Bandgeschichte aber auch einarbeiten, dass ihr mit nuklearverseuchtem Material in Berührung gekommen seid und nun zu noch verrückteren Wesen mutiert (falls das denn noch möglich sein sollte). Der Genialität eurer Musik, die auch ohne diese optischen Effekte ihre Daseinsberechtigung besitzt, tut das keinen Abbruch. Denn, wie heißt es in „19-2000“ doch: „It’s the music that we choose“. Gute Entscheidung.

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