Genre Guide: Was ist eigentlich House?

Wenn der Beat in unseren Ohren dröhnt, sich Gänsehaut ankündigt und unsere Füße anfangen zu zappeln, dann möchten wir sie am liebsten auf ewig hören – diese Musik. Aber was hören wir da eigentlich? Unser Genre Guide hilft dir weiter. Alle zwei Wochen erklären wir dir einen anderen Musikstil. Dieses Mal gibt es House auf die Ohren.

„House is a feeling“. Dieser Satz kommt nicht von ungefähr. Wer zu House tanzt, gibt sich dem Rhythmus und dem Beat hin, seien diese eher kühler, treibender, schwebender oder jazzartiger Natur. Genauso vielfältig wie die verschiedenen Tanzstile, sind auch die Subgenres der House Music. Als stellte man einen Strauß Blumen zusammen, verkörpert darin jede Blume mit ihrer speziellen Farbe und ihrem speziellen Geruch etwas Eigenständiges, fügt sich aber dennoch in einen harmonischen und ergänzenden Gesamtkomplex ein. Der ganze Strauß duftet gut, aber wenn man mag, kann man sich auch bloß eine Blume herauspicken und daran schnuppern.

House: die Definition

In den 1970ern blühte Disco dank den Bee Gees, Blondie & Co. regelrecht auf. Disco war tanzbar, deshalb jedoch noch sehr nah am Pop respektive eine Inkarnation des Pop, weil Disco-Tracks üblicherweise auch gewichtige Gesangspassagen enthielten.

In den späten 1970ern begannen DJs jedoch damit, Maxi-Singles von Disco-Tracks auf eigenwillige Weise miteinander zu verknüpfen. Sie konzentrierten sich jeweils auf die Instrumentalpassagen der einzelnen Songs und ließen diese ineinander übergehen. Dies geschah vor allem in einem Club namens Warehouse in Chicago, Illinois. So kam die tanzbare Musik mit eliminiertem bzw. reduziertem Gesang zu ihrem Namen: House Music.

Verwandt und verschwägert

Der Sohn von: Disco

Bester Freund: Nu-Disco

Hassliebe: Dance-Pop

Der kleine Cousin von: Elektronische Musik

Können sich nicht ausstehen: Trance

Verwechslungsgefahr mit: Dance-Pop

House: der Ursprung

Die Disco-Anleihen der House Music sind unverkennbar, da sie auf den Four-on-the-floor-Rhythmus setzt. Im Vier-Viertel-Takt betont die Bassdrum dabei gleichmäßig jeden Schlag. Im Vergleich zu Disco ist House dabei jedoch noch basslastiger. Ein gutes Beispiel für einen frühen House-Song, der genau diesem Schema folgt, ist „Beyond The Clouds“ des House-Pioniers Mr. Fingers.

Von kühl bis funky: Ein besonders vielfältiges Genre

Ein wichtiger Unterschied zwischen House und einem anderen „Großen“ der elektronischen Tanzmusik, und zwar dem Genre des Techno, besteht darin, dass House zwar ähnlich kalt und industriell klingen kann, aber nicht muss. Die vielen verschiedenen Subgenres des House können mal reduziert, mal psychedelisch oder auch funky ausgerichtet sein.

Diese Vielfalt äußert sich vor allem durch deren jeweilige bpm-Zahl (beats per minute) sowie die darin verwendeten bzw. gesampelten Instrumente. Ein paar der wichtigsten Subgenres stellen wir euch weiter unten vor.

House: heute

House ist heute nicht nur etwas Vielfältiges, sondern auch etwas Verbindendes. Wer zu House im Club tanzt, zelebriert gemeinsam, es entsteht eine Art Gruppengefühl – nicht nur unter den Tanzenden, sondern auch zwischen der „Crowd“ und dem DJ. Das zeigt sich nicht zuletzt auch an im House verwendeten Sprachsamples wie „My house is your house and your house is mine“.

Nicht zu unterschätzen ist auch, mit welcher Bildgewalt und Motiven House aufgeladen werden kann und sich dadurch umso mehr im medial-kulturellen Gedächtnis festsetzt. Man denke nur an das Musikvideo zu „Call on Me“ von Eric Prydz oder „Around The World“ von Daft Punk. Und wer die treibenden Progressiv-House-Beats von deadmau5 hört, hat sogleich Bilder dessen ikonischer Maske im Kopf. Kurzum: House setzt sich nicht immer nur akustisch, sondern oft auch audiovisuell in unseren Köpfen fest.

Minimal House

Wie der Name schon vermuten lässt, ist Minimal House eine sehr reduzierte Form der House Music. Ihr Tempo liegt bei etwa 115 bis 130 bpm und ist damit weder besonders schnell, noch besonders langsam. Prägnant ist der spärliche, dafür aber punktierte Einsatz von Rhythmus-Elementen. Wo andere Genres Schicht um Schicht aufeinander setzen, belässt es Minimal House bei sehr wenigen, dafür aber aussagekräftigen Elementen.

French House

French House ist aus mehreren Gründen ein besonderes Subgenre des House. Zum einen, weil es im French House üblich ist, sowohl Instrumente als auch Stimmen mit speziellen Filtern aufzuwerten. Gesang wird zum Beispiel verzerrt oder hat dank eines Vocoders einen „Space“-Touch. Zugleich werden Instrumente gern übersteuert. Zum Beispiel, indem E-Gitarren ungeahnte Höhen und Tiefen erreichen.

Darüber hinaus ist es nicht unüblich, Elemente aus Disco und Funk zu integrieren. Handclaps, die Integrierung eines dominanten E-Basses und auch Sprachsamples sind typische Stilmittel, die den French House nah Richtung Disco rücken.

Das erste Genre des House mit Mainstream-Erfolg

French House ist auch deshalb ein besonderes House-Subgenre, weil es eines der ersten Genres war, das House erfolgreich in den Mainstream brachte. Und zwar vor allem dank des französischen Duos Daft Punk. „Around The World“ und „Da Funk“ von 1997 sind heute Klassiker des Genres, die erstmals zeigten, dass House Music auch bei der breiten Masse auf Anklang stößt. Ende der 1990er und Anfang der 2000er folgten weitere French-House-Tracks wie „Flat Beat“ von Mr. Oizo und „Call on Me“ von Eric Prydz, die ebenfalls kommerziell erfolgreich waren.

Progressive House

Progressive House zeichnet sich durch seinen treibenden Charakter aus. Progressive-House-DJs bauen ihre Songs gerne so auf, dass eine Drum-Loop die durchgehende Basis bildet, diese aber während der Laufzeit mit mehreren Elementen (Hi-Hats, Fading, Scratching, Synthie-Klänge) aufgewertet wird. Dazwischen gibt es häufig klassische Breakdowns und am Ende eine Art „Abklingen“, gewissermaßen also ein Outro.

Einer der bekanntesten und wichtigsten Progressive-House-Künstler ist deadmau5. In einem seiner Songs ist ihm ein interessantes Kunststück gelungen: „This Is Also The Hook“ ist ein Progressive-House-Track, der quasi hautnah und mit einem Augenzwinkern erläutert, wie man einen solchen Track aufbaut und worauf der DJ dabei achten sollte.

Tropical House

Tropical House ist ein vergleichsweise junges Subgenre der House Music, zählt jedoch zu den massenkompatibelsten. Die Geschwindigkeit ist mit 100 bis 125 bpm eher gemächlich. Prägnant für den Tropical House ist das Einbinden von Instrumenten und Klangelementen, die eine sommerliche Stimmung evozieren. Panflöte, Saxophon, Marimba und Steel Pan sind in Tropical-House-Songs dementsprechend häufig zu hören. Überraschend viele weltweit erfolgreiche Tropical-House-Künstler stammen aus dem deutschsprachigen Raum, wie zum Beispiel Klangkarussell, Robin Schulz und Felix Jaehn.

Deep House

Deep House entstand in gewisser Weise als Gegenbewegung zu „vollgestopfter“ House Music, die möglichst laut und ausufernd zum wilden Tanzen animieren möchte. Er zählt zu den langsamsten Subgenres der House Music. Er ist nicht auf eine bestimmte Richtung festgelegt, er kann mal Richtung Soul ausgelegt sein, industriell klingen oder auch die Nähe zum Disco suchen (ein Resultat dessen ist das Genre Nu-Disco).

Das Wichtigste beim Deep House: Der Hörer soll ein Gefühl der Schwerelosigkeit verspüren, ganz so, als würde er regelrecht „abheben“. Das erreicht Deep House auch durch clever gesetzte Breakdowns und Pausen. Der Gesangspart ist vergleichsweise wichtig; das Bearbeiten der Stimme ist dabei nicht verpflichtend, jedoch häufig der Fall. Zwei typische kontemporäre Deep-House-Songs sind zum Beispiel „I Wanna Move With You“ von CASSIMM und „Ready To Fly“ von Jako Diaz.

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Rupert ist ein Illustrator und Designer aus München. Er arbeitet seit seinem Designstudium als freischaffender Illustrator und Designer, national und international hauptsächlich in der Musikbranche und im Editorial Bereich. Mehr findet ihr unter: www.rupertgruber.com.

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Illustration: Rupert Gruber