Hipster Markt

Phänomen Lohas: Hipster der Nachhaltigkeit

Von Ramona Drosner

Lohas sind die neuen Hipster. Hipster der Nachhaltigkeit, die dem Credo eines Lifestyle of Health and Sustainability gerecht werden. Bewusste Verbraucher, die dem Mainstream-Biotrend eine Nasenlänge voraus sind und langsam aus ihrer Nische herauswachsen und das Bewusstsein für unsere kulinarische Zukunft nach außen tragen.

Das ist auch gut so, denn bis zum Jahr 2050 prognostizieren die Vereinten Nationen ein Wachstum der Weltbevölkerung auf über neun Milliarden Menschen, weiß Professorin Sandra Schwindenhammer von der Humboldt Universität Berlin: „Dadurch entsteht der Druck, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern, um 70 Prozent.“ Auch wenn Deutschland nach Einschätzungen von Schwindenhammer wohl nicht unmittelbar von einer Nahrungsmittelknappheit betroffen sein werde, ist es auch hierzulande an der Zeit, umzudenken. Weg von Völlerei, hin zu einer effizienten Nutzung von Ressourcen. Wie das mit einfachen Mitteln geht, leben junge Unternehmer aus Berlin vor. 

 

Eine Farm mitten in Berlin

 

 

Mitten in der Hauptstadt, nahe dem Tempelhofer Feld eröffnete in diesem Frühjahr die ECF-Farm. In einer ehemaligen Malzfabrik züchten Nicolas Leschke und Christian Echterknecht Fische und pflanzen Gemüse an. Die beiden sind Unternehmer, ohne beruflicher Vergangenheit in der Landwirtschaft, dafür aber mit einem großen Herz für Nachhaltigkeit: „Im Grunde geht es Christian und mir eigentlich um Lebensmittel und Lebensmittelproduktion. Wir beide mögen einfach gutes Essen“, erzählt Leschke. Die Idee für ihre Farm mitten in der Stadt hatten sie vor etwa vier Jahren. Zunächst fasziniert von der Idee der Selbstversorgung, haben sie als kleine Firma im Container zur Aquaponik geforscht und ihre Erkenntnisse schließlich auf die Konzeption einer 1.800 Quadratmeter großen Aquaponik-Farm übertragen.

 

 

 

 

Aquaponik meint die Kombination von Aquakultur (Fischzucht) und Hydroponik (Gemüseanbau im Wasser), die mit einem eigenen Nährstoffkreislauf auskommt. „Die Synergieeffekte, die man dadurch hat, dass man Fisch und Gemüse symbiotisch anbaut, machen das sehr sehr Ressourcen effizient“, sagt Gründer Leschke. Das mit Nährstoffen angereicherte Fischwasser dient dem Gemüse als Dünger. Die Rosébarsche, Auberginen, Spinat und anderes Gemüse verkaufen sie an die Region, jährlich etwa 35 Tonnen Bio-Gemüse und 40.000 Fische. „Wir wollen so vielen Menschen wie möglich einen Zugang zu nachhaltig produzierten Lebensmitteln ermöglichen“, so Leschke.

Wenn man einmal genauer über die herkömmliche Lebensmittelproduktion nachdenkt, kann einem schnell der Appetit vergehen. Lange Transportwege führen zu einer Dreckschleuder an Kohlenstoffdioxid, notwendige Kühlketten fressen Energie, die Weltmeere sind überfischt. „Man kann davon sprechen, dass unsere Lebenswelt einen CO2-Rucksack anhat“, sagt Leschke. Diesen Rucksack fülle zu einem großen Teil die herkömmliche Landwirtschaft. „Es ist so, dass fast 34 Prozent der weltweiten CO2-Ausstöße aus der Landwirtschaft und der Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten stammen“, erklärt Leschke. Zusätzlich gingen 70 Prozent des vom Menschen genutzten Süßwassers für den gleichen Zweck drauf. Dieser Entwicklung wollen Leschke und seine Kollegen Kontra zeigen. Auf die Zufütterung von Antibiotika verzichten die Farmer dankend und 70 Prozent ihres Wasserverbrauchs decken sie mit Regenwasser ab.

 

 

Selbst einen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen

 

 

Doch nicht nur die Produzenten können etwas für Nachhaltigkeit tun. Auch jeder von uns, kann einen Schritt auf die Lohas zu gehen. Es sei wichtig, bei sich selbst anzufangen und sich zu fragen, „wie möchte ich eigentlich morgen leben?“, meint Farmer Leschke. Wer das eigene Konsumverhalten hinterfrage, gehe vielleicht das nächste Mal mit dem eigenen Jutebeutel einkaufen und lässt die Plastiktüte an der Kasse. Dabei gehe es nicht unbedingt um Verzicht. „Es gibt viele Möglichkeiten ohne zu verzichten, sein Leben Ressourcen effizienter zu gestalten.“

Professorin Schwindenhammer sieht das auch so, es seien banale Dinge, die man als Einzelner umsetzen können. Sie pflichtet der regionalen Betontheit der Farmerboys bei und rät dazu, beim Einkauf darauf zu achten, wo die Lebensmittel herkämen. „Man sollte mit den Jahreszeiten essen. Also versuchen Erdbeeren im Winter zu vermeiden und sich aus der Region zu ernähren“. Zusätzlich plädiert die Professorin für den „guten alten Einkaufszettel“, sodass man systematisch, nur das einkaufe, was man verbrauche. Damit spare jeder Einzelne Geld und begegne gleichzeitig dem Müllproblem. Auch das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum dürfe nicht als Verfallsdatum aufgefasst werden. „Man kann einen Joghurt auch dann noch bedenkenlos essen, wenn er zwei Tage über dem Verfallsdatum ist“, sagt die Dozentin.

 

 

Vom Bio-Hype zum Regio-Trend

 

 

Der Sprung vom Hipster zum Lohas klingt einfach. Ist er wohl auch, wenn man Leschke glaubt, dass unter seinen Kunden am Farmers-Markt auch viele junge Leute sind, denn das Bewusstsein junger Menschen für eine gesunde Ernährung sei groß. Der einzige Wermutstropfen: Trotz der kurzen Transportwege und minimalen Kühlketten kann das Öko-Gemüse der ECF Farm nicht mit Supermarktpreisen mithalten. „Produktion in der Stadt ist schon teurer als auf dem Land“, gibt Leschke zu. „Aber wir haben ganz viele Studenten, die trotzdem Kunden bei uns sind. Die sparen lieber am Päckchen Zigaretten.“

Denkt man an den Bio-Hype, klingt des Farmers Beobachtung glaubhaft. Auch in Studentenkühlschränken türmen sich Produkte mit Biosiegeln – obwohl sie, teurer sind als die Billig-Marke im Supermarkt. Bio wurde Mainstream. Der Trend zeigt in Richtung der regionalen Produkten.

 

 

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Bildquelle: Steven Depolo über CC BY 2.0