Ein Park mit Menschen

Oben-Ohne-Verbot-für Männer? Lasst Die T-Shirts doch einfach an!

Merkwürdige Schilder sorgten in diesem Sommer in mehreren Bochumer und Hamburger Parks für Verwirrung. Dort wurden explizit Männer dazu aufgefordert ihre T-Shirt’s anzubehalten. Warum? „Weil es Personen anderen Geschlechts nicht möglich bzw. nicht gestattet ist, sich oberkörperfrei an öffentlichen Plätzen aufzuhalten. […] Das Zeigen einer weiblich gelesenen Brust gilt in der Öffentlichkeit leider immer noch als anstößig und wird nicht toleriert.“ Es um Respekt und Solidarität. Ferner ist auch die Rede von einem „Oberkörperfrei-Privileg“. Und das Ganze steht unter dem Motto: „T-Shirt bleibt an – alle haben fun!“. Bei genauerer Betrachtung ist das eigentlich gar keine schlechte Idee. 

Um zunächst einmal die gängigen Fragen zu beantworten: Ja, es gibt wichtigere Themen. Ja, wir haben auch andere Probleme. Und doch, daran lässt sich sehr wohl etwas ändern. Schön, dass das geklärt wäre.

Und jetzt stell dir vor: Es ist Sommer und eine zarte Brise streift über die Nippel. Das Rinnsal von Schweiß, das sich unter der Brust angesammelt hat, trocknet im kühlen Schatten. Herrlich. Für viele Menschen bleibt das aber eben nur ein Traum, während andere ganz einfach ihre Brust gen Himmel strecken können. Männer, die Oberkörper frei joggen, faulenzen, Eis essen oder sogar Bahn fahren. Weil: Es ist ja warm. Was wohl los wäre, wenn Frauen damit auch plötzlich anfangen würden?

Das „Oberkörperfrei-Privileg“ ist real

Vorsicht mit dem „Sollen sie halt“-Gedanken. Da muss man nur mal kurz daran denken, wie häufig Frauen Probleme in der Öffentlichkeit bekommen, obwohl sie etwas anhaben. Zum Beispiel während sie ihre Kinder stillen. Komische Blicke, Augenbrauenzucken oder schlimmeres, ist da quasi vorprogrammiert. Selbst wenn Frauen bauchfreie Oberteile tragen, müssen sie sich manchmal übergriffige Kommentare anhören. Ganz abgesehen von den gaffenden Blicken, wenn man es wagt, einen tiefen Ausschnitt zu tragen oder mit dem Bikini-Oberteil Fahrrad fährt.

Fakt ist, dass der weibliche Körper schon seit so vielen hunderten von Jahren sexualisiert wird. Deshalb wird die weibliche Brust auch etwas anders wahrgenommen, als die männliche Brust. Wobei laut Instagram ja auch eher die Nippel das Problem sind. Anatomisch unterscheiden die sich nicht, es kommt aber eben drauf an, ob er von einer Frau oder von einem Mann stammt. Darüber wird nun schon sehr lange gesprochen und einige Instagram-Seiten schaffen es auch gekonnt, die merkwürdige Einschränkung der weiblichen Nippel zu umgehen.

Zum Beispiel in dem sie wirklich nur Bilder der Nippel zeigen, ob es sich dabei um einen weiblichen Nippel handelt kann Instagram nicht erfassen, deshalb bleibt der Nippel drin:

https://www.instagram.com/p/BhEqi6cjGnM/

Privilegien Check

Probleme, wie die ständige Sexualisierung des weiblichen Körpers können wir nicht von heute auf morgen ändern. Der Weg ist noch lang. Aber was man auf der Stelle ändern kann, ist Männer auf ihre Privilegien aufmerksam machen. Und genau diesen Zweck erfüllen die Schilder in diesem Fall, auch wenn die Botschaft vielleicht nicht direkt bei jedem ankommt. Es ist ja auch nicht schlimm (und im Sommer sehr erfrischend) ein Privileg zu haben. Man(n) sollte dazu dann aber auch stehen können, es begreifen und sich damit auseinandersetzen, warum man(n) dieses Privileg hat.

Was für die einen pure „Gender-Guerilla“ (Nordkurier) ist, ist für die anderen nur purer Blödsinn. Schließlich gibt es ja auch Wichtigeres und ein Verbot setzt sich wahrscheinlich nicht durch. Sich über informative Schilder aufzuregen bringt aber recht wenig. Wenn einen die Aufforderung zu stark provoziert, sollte mal ganz kurz einen Privilegien-Check durchführen. Denn wenn es doch schlimmere Sachen gibt, warum regt man sich dann über Schilder auf? Und, wenn die Sache doch so klar ist, dann können wir uns ja sicherlich auch schnell einigen. Also dann: Nächstes Jahr verhalten wir uns alle solidarisch und lassen einfach alle das T-Shirt außerhalb des Freibads an.

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Bildquelle:  Unsplash unter CC0-Lizenz