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Model Melanie Gaydos in der Schreinerei: „Mein absoluter Lieblingsjob war für Rammstein.“

An einem sommerlich warmen Tag im späten August kommt uns eine sichtlich gut gelaunte junge Dame entgegen. In Jeans, coolem Crop-Top und mit ausgefallener Mütze auf betritt Melanie Gaydos die Schreinerei. Seit ein paar Wochen ist sie bereits in Deutschland. „Ihr habt mich genau im richtigen Moment erwischt. Entweder ich bin super busy oder habe alle Zeit der Welt“, erklärt das Model. Momentan gönnt sie sich eine Pause, genießt die freie Zeit mit Freunden in Berlin und in München.  „Ich dachte nicht, dass es in Deutschland so warm ist“, sagt Melanie und kichert. Die Gerüchte über unseren deutschen Sommer seien auch in den USA angekommen. Dort, wie hier, ist Melanie bekannt als Fashion-Model. Das besondere dabei – sie hat einen Gendefekt und eben nicht das perfekte makellose Gesicht, das wir von Models sonst gewohnt sind. Dennoch, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist Melanie in der Branche sehr erfolgreich. Mit zwei heißen Espressi machen wir es uns auf der Couch bequem und unterhalten uns über ihr Leben im Fashion-Business.

 

Kannst du uns ein bisschen was über deinen Zustand oder deine Krankheit erzählen?

Ich habe ektodermale Dysplasie. Viele Menschen glauben, dass es eine Krankheit ist, das stimmt aber nicht. Es ist eine genetische Störung. Ich wurde also bereits damit geboren. Der Gendefekt betrifft jedes weiche Gewebe, also meine Haare, Nägel, Zähne und meine Haut.

 

Du bist mittlerweile ziemlich bekannt im Modelbusiness. Wie kam es dazu?

Ich zog vor über sechs Jahren nach New York, um auf eine Kunst-Schule zu gehen. Dort freundete ich mich mit vielen Fotografen an. Einer von ihnen bat mich Teil seiner Portraitserie von Freunden zu sein. Ich war richtig nervös, aber es war eine tolle Erfahrung für mich. Ich sah das Modeln danach als einen neuen Weg, mich auszudrücken. Trotzdem dachte ich nicht, dass es zu einem ernsten Teil meines Lebens werden würde, weil ich damals echt schüchtern war.

Aber als ich nach New York zog habe ich auch erstmals auf eine Perücke verzichtet. Das war zwar anfangs super unangenehm für mich, aber ich versuche mich meinen Ängsten eigentlich immer zu stellen. Auch, wenn das Modeln damals nur ein Sommerjob für mich war, hatte ich eine Menge Spaß. Ich schrieb den Leuten, mit denen ich arbeiten wollte und hätte nie erwartet, dass ich jemals auf das Level kommen würde, wo ich heute bin. Melanie reißt die Augen auf, als könnte sie es selbst kaum glauben. Es ist mein Vollzeitjob.

 

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Als Teil des Modebusiness – Wie wichtig ist dir dein Aussehen?

Ich glaube, ich bin ein furchtbares Model, wenn ich das sage, aber es ist mir relativ egal. Viele Menschen, die mich treffen, denken ich sehe in echt total anders aus. Auf Fotos sehe ich aus wie eine Fantasieperson. Mir ist am wichtigsten, dass meine Outfits gemütlich sind. Ich trage auch nicht viel Make Up. Bei Fotoshootings muss ich oft Tonnen davon auftragen, aber im normalen Leben bin ich meist natürlich unterwegs. In meinem täglichen Leben will ich… Sie stockt kurz und überlegt, dann kichert sie …einfach Leben.

 

Was war dein Lieblingsjob in den letzten Jahren?

Das ist wirklich hart, ich hatte so viele schöne Jobs. Aber einer meiner absoluten Lieblingsjobs war für Rammstein. Das war quasi mein Einstieg in den Beruf. Ich habe damals erst drei Monate gemodelt und schrieb eine Art Fan-Brief an einen meiner liebsten Modefotografen. Er filmte damals zufällig gerade ein Video mit der Band und fragte mich, ob ich dazukommen möchte. Ihre Stimme füllt sich mit Enthusiasmus und sie quietscht: Ja, natürlich! Ich hatte zwar keine Ahnung, was ich da überhaupt machen sollte, aber ich wollte unbedingt nach Deutschland kommen und in einem Musikvideo mitspielen. Es war eine unglaubliche Erfahrung und ich verdanke Rammstein meinen Erfolg in Deutschland und Europa.

 

 

Kanntest du Rammstein denn schon vor diesem Job?

Oh my gosh, ja. Ich habe so ungefähr mit 12 angefangen Rockmusik zu hören und meinem Bruder die Rammstein-CDs zu klauen. Ich war tatsächlich schon ziemlich lange ein Fan. Aber ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich einmal mit ihnen befreundet sein, …wieder schießt ihre Stimme in die Höhe… oder sogar in einem Video mitspielen würde.

 

Was waren deine besten und schlechtesten Erfahrungen im Model Business?

Sie zögert kurz und starrt in die Luft. Meine besten Erfahrungen sind eigentlich immer, wenn ich bei einem Shooting ankomme und jeder nett zu mir ist und wir uns einfach alle gut verstehen.

Ich hatte aber einige nicht so tolle Erfahrungen bei der Fashion Week, meistens mit Make Up Artists. Die schaffen es, dass du dich wirklich unwohl fühlst. Schließlich sind sie wirklich nah an dir dran und sehen alle deine Fehler und Makel. Sie sind auch perfekte makellose Supermodelgesichter gewohnt. Ich habe das Gefühl ein Gesicht wie meines schüchtert sie ein, auch wenn ich das nicht verstehe.

Ich komme mit vielen Make Up Artists und anderen Leuten aus der Fashion Industrie nicht so gut zurecht. Sie suchen immer nach Anerkennung von anderen und mir ist das ziemlich egal. Außerdem wissen sie meistens nicht, wie sie reagieren sollen, wenn sie mich treffen. Vor einem Jahr traf ich zum Beispiel ein Victoria Secret Model. Sie war super nett zu mir, bis ich erwähnte, dass ich auch Dessous modle. Dann wurde sie weird. Es gibt viele Hierarchien im Modelbusiness und ich geb da einen Scheiß drauf.

 

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Wir haben bei ZEITjUNG bereits über deinen Instagram-Account berichtet. Welche Rolle spielen soziale Medien in deiner Kariere?

Sie sind der zweitgrößte Teil, neben meiner tatsächlichen Zusammenarbeit mit Fotografen und Künstlern. Ohne Social Media hätte ich keine Möglichkeit jemanden zu kontaktieren. Ich bin Freiberuflerin, habe keinen Agenten oder so. Da ist meine Präsenz im Internet umso wichtiger, damit die Leute wissen, wer ich bin. Außerdem habe ich in den letzten Jahren eine echte Plattform aufgebaut und habe viele Fans und das ist wundervoll.

 

Was bedeutet Schönheit für dich?

Schönheit ist für mich ein Zustand, ein Gefühl. Sich selbst völlig positiv zu sehen und zu akzeptieren, frei zu sein von jeglichen Einschränkungen von anderen. Ich glaube, wenn du mit dir selbst glücklich bist, sieht man das auch. Ich bin auch ein kleiner Hippie und glaube an positive Energien. Ich glaube, du wärst nicht in der Lage, etwas oder jemand anderen schön zu finden, wenn du es nicht schon in dir hättest.