Milky Chance: „Ich wollte jetzt mal anfangen, mehr Sport zu machen“
Text: Carina Neumann; Fotos: Antonia Meißner
„Das Leben kommt, wie man´s auch lenkt, meist anders, als man denkt.“ – davon können Clemens Rehbein und Philipp Dausch wortwörtlich ein Liedchen singen. Bis vor drei Jahren waren die beiden Jungs zwei ganz normale Teenies aus der Kasseler Vorstadt, die wie die meisten Abiturienten viele Flausen im Kopf hatten. Reisen wollten sie, und etwas erleben. Doch dann kam irgendwie die Musik dazwischen. Und der Erfolg. Und Amerika. Und Konzerte auf weltweiten Bühnen. Und so wurden Clemens und Marius zu Milky Chance und ihre geplanten Reisen mit internationalen Festivals und ausverkauften Konzerthallen verbunden. Zwei Jahre waren die Jungs nun mit ihrem zweiten Album „Stolen Dance“ auf Tour.
Wir treffen Clemens backstage auf dem Sziget Festival. Vor dem Presse-Container wimmelt es von Journalisten und Fotografen aus aller Welt. Jeder will Milky Chance interviewen. „Sind beide Jungs da drinnen?“, frage ich die Presse-Managerin des Sziget. „No, just the hairy guy“, sagt sie. „They are both hairy…“, lache ich. Die Tür geht auf und Clemens lümmelt auf der Couch herum. Er scheint sich von dem ganzen Trubel nicht stressen zu lassen und noch immer der ganz normale Typ aus Kassel zu sein. Keine Rockstar-Allüren. Sehr sympathisch.
ZEITjUNG.de: Hi Clemens, wie geht’s dir? Konntest du dich hier auf dem Sziget schon ein bisschen umschauen?
Ja, aber nur ein wenig. Wir sind vor zwei Stunden angekommen. Ich habe mir das Zelt angesehen, in dem wir spielen – ziemlich cool! Und natürlich die Main Stage. Aber da hat gerade niemand gespielt und so war es eben nur eine große Bühne (lacht).
Dein Bandkollege und Kumpel Marius in drei Worten?
In drei Worten? Herrjemine! Nett, nachdenklich und naiv. Alles mit N, das habe ich gerade extra gemacht. Aber natürlich zählt da noch viel mehr dazu.
Seid ihr aufgeregt, heute hier zu spielen?
Vielleicht kurz davor. Wir sind nicht unbedingt die Leute, die unter Lampenfieber leiden. Egal wo wir spielen, sind wir meistens ziemlich entspannt. Klar, wenn man dann vor dem Konzert anfängt, sich einzuspielen, wird man ein bisschen hibbelig. Die viertel Stunde davor sind wir dann schon meistens aufgeregt.
Eine Sache, der du nicht widerstehen kannst?
Auf jeden Fall Musik – hören und machen. Und meinen Haaren kann ich schlecht widerstehen. Ich muss mir immer durch die Haare wuscheln.
Wie kriegst du eigentlich deine Mähne hin?
So. (Clemens wuschelt sich ausgiebig durch die Haare und kichert dabei.) Ich spiele damit immer rum. Das ist ein Tick von mir. Ich habe mich sogar schon mal dabei erwischt, dass ich beim Umzug den Karton nur mit einer Hand getragen habe, damit ich mir mit der anderen noch durch die Haare wuscheln konnte. Extrem bescheuert, eigentlich. Ansonsten: Ich liebe gutes Essen, dem kann ich auch nicht widerstehen.
Bist du ein Genießer?
Ja, das bin ich. Obwohl ich immer viel zu schnell esse.
Wenn es die Musik nicht gäbe, was wäre dann wohl aus dir geworden?
Noch nicht so viel, schätze ich. Ich glaube, ich wäre viel herumgereist und hätte wahrscheinlich immer noch nicht angefangen, zu studieren. Keine Ahnung – ich hatte nie einen Plan B. Aber das hier war ja eigentlich auch nie mein Plan A. Eigentlich wollte ich nach dem Abi reisen, aber dann kam das mit der Musik zustande. Das ist alles einfach so passiert.
Wenn du mal als alter, schrumpeliger Opi auf deinem Schaukelstuhl auf der Veranda sitzt, auf was für ein Leben würdest du gern zurückblicken?
Naja, wie jeder wahrscheinlich auf ein schönes Leben. Das heißt für mich, ein Leben mit Höhen und Tiefen, mit intensiven und wunderschönen Momenten, privat und auf der Bühne. Und mit einer Familie und ganz, ganz vielen Enkelkindern (lacht).
Was treibst du so, wenn du nicht gerade auf der Bühne stehst?
Wenn ich zwischen oder nach den Touren Freizeit habe, versuche ich erst mal, alle meine Freunde wiederzusehen. Dann gehe ich ganz viel Kaffee trinken und spazieren oder koche mit Freunden. Abseits von der Bühne habe ich eigentlich ein ganz normales Leben. Ich wollte jetzt mal anfangen, mehr Sport zu machen (lacht).
Die Tür geht auf und ein großes Kamera-Objektiv schiebt sich durch den Rahmen. Die Nächsten sind dran – wir müssen wohl gehen.
OK, letzte Frage: Was steht da auf deinem Arm und warum?
Da steht „Let us run to the Sea“. Ich mag diesen Satz sehr gerne. Der ist relativ naiv und einfach, aber auch sehr anspornend: Lasst uns einfach losgehen, etwas erleben und uns reinschmeißen – ins Wasser, ins Leben, in was auch immer.