Mitfahrgelegenheit im Schnee

In der Mitfahrgelegenheit mit einem Winterreifen-Verweigerer

München-Berlin, Wien-Hannover. Fremde Autos, unbekannte Menschen, das Gefühl, endlich ankommen zu wollen oder am liebsten nie: Das ist das nur zu bekannte Prinzip Mitfahrgelegenheit, das wie eine Art Alltagsroulette mal für heiße Nummern auf dem Rücksitz sorgt (solls auch geben…) und mal nicht mehr und nicht weniger ist als die billigste Fahrt zur Hölle. Von diesen Geschichten und vor allem denen dazwischen, von den kuriosesten Erlebnissen, von Schlagabtäuschen bei 120 auf der Autobahn und absurden Bekanntschaften erzählen wir in unserer Kolumne „In der Mitfahrgelegenheit mit…“. Dieses Mal: Ein Idiot im sommerlichen anmutenden Auto.

Das folgende Erlebnis ist subjektiv und gekürzt wiedergegeben und beruht auf meiner Erinnerung.

Nicht nur für die Deutsche Bahn kommt der Wintereinbruch jedes Jahr aufs Neue überraschend, nein, auch für einige unserer autofahrenden Mitmenschen scheint Schneefall immer wieder ein völlig plötzlich eintretendes und vor allem unvorhersehbares Naturereignis zu sein.

Die Strecke von München nach Stuttgart bietet eigentlich nicht besonders viel Aufregendes. 230 Kilometer Autobahn, vorbei an unzähligen Baustellen, rüber über die Schwäbische Alb, ein bisschen Small-Talk und schon fährt man die Weinsteige mit Blick über die Kesselstadt nach unten. Im Vergleich zu den Strecken, die andere so auf sich nehmen müssen, um ihrem elterlichen Zuhause mal wieder einen Besuch abzustatten, ist das ein Katzensprung. Nach gut zwei Stunden ist man auch schon da – das ist gerade mal ein bisschen mehr, als eine Folge Sherlock dauert.

Überraschung! Schnee im Winter…

Ich bin die Strecke unzählige Male mit irgendwem mitgefahren, die meisten waren dabei völlig unspektakulär und sind längst wieder aus meinem Gedächtnis verschwunden. Nicht aber diese eine Mitfahrgelegenheit, in dem Winter vor ein paar Jahren, in dem es tatsächlich schon im November geschneit hat. Noch heute zaubert diese Erinnerung ein verständnisloses Kopfschütteln bei mir hervor.
Es war Ende November, ich war gerade frisch nach München gezogen und mein Heimweh zog mich so kurz vor Weihnachten nach Hause. Also: Mitfahrgelegenheit organisiert und los.
Es schneite tagsüber leicht, sodass alle Straßen von diesem weißen, winterlichen Puder überzogen waren. Keine große Sache, das gab es ja die Tage vorher auch schon. Schnee im November – aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass es solch ein Naturschauspiel schon öfter gegeben hat, daher hielt sich meine Überraschung auch in angemessenen Grenzen. Schneekugelwetter eben.

Frühling, Sommer, Herbst und Winterreifen

Zum verabredeten Zeitpunkt stehen meine Mitfahrer – ich nenne sie jetzt mal Marie und Tom – und ich am Münchner Hauptbahnhof. Wir staunen nicht schlecht, als unser Fahrer in seinem nagelneuen silbern glänzenden Mercedes um die Ecke kommt. Neue Autos versprechen irgendwie immer, dass man sein Ziel schneller erreicht als mit den üblichen Studentenkarren, die einen sonst so durch die Gegend kutschieren. Wir steigen ein, es folgt das übliche Mitfahrgelegenheits- Blabla.
Während der Fahrt schneit es immer mehr, um die Schwäbische Alb bricht auf der Autobahn das gewohnte Schneechaos los. Unser Fahrer fährt mittlerweile nur noch etwa Schritttempo, Räumfahrzeuge sind weit und breit nicht zu sehen. Obwohl alle langsam fahren, rutschen wir in unserem schicken Bonzen-Mercedes viel mehr und fahren auch nochmal eine ganze Ecke langsamer als die anderen armen Seelen in ihrem Autos auf der Autobahn.