„More Nutrition“: Wenn Nahrungsergänzungsmittel mit Lügen beworben werden

Ein Hoch auf das Influencer-Marketing

Auf seinem Instagram-Profil erklärt Christian Wolf, der Mitbegründer von More Nutrition, wie die Nahrungsergänzungsmittel bei Beschwerden während der Periode, Arthrose oder Schlafstörungen helfen. Kooperationspartner*innen sind zum Beispiel der YouTuber Rezo oder Food-Influencer Stefano Zarella. Die Erfahrungsberichte wirken besonders überzeugend, da die Werbung viel individueller ist. Die Begeisterung in der Community ist groß, Influencer*innen werden zu Freund*innen und die Community zu einer digitalen Familie, deren Einschätzung man vertraut. 

Nie wieder Schlafprobleme mit „More Sleep“?

Im Online-Shop wird für das Schlaf-Supplement „More Sleep“ geworben. Stundenlanges Herumwälzen, ewiges Grübeln und Einschlafprobleme sollen mit der Einnahme der Vergangenheit angehören. Den Schlaf revolutionieren soll das enthaltene Hormon Melatonin. Nachgewiesenermaßen könne es die Einschlafzeit verkürzen. Und das stimmt zunächst auch. Laut der EFSA, die Christian Wolf in seinen Instagram-Storys zitiert, kann Melatonin die Einschlafzeit verkürzen. Nicht erwähnt wird dabei, dass es sich bei der Verkürzung nur um wenige Minuten handelt. Die Frage ist: Lohnt sich das? Immerhin hat das Produkt keine Nebenwirkungen. Die Kosten sind mit 30 Euro pro 120 Kapseln auf Dauer dennoch enorm. 

Aber Christian Wolf geht sogar noch einen Schritt weiter und bringt Melatonin in Zusammenhang mit dem Schutz vor Krebs bei Schichtarbeiter*innen. Und das, obwohl Werbung mit Krankheitsbezug für Nahrungsergänzungsmittel verboten ist. Seiner Argumentation zufolge sei Schichtarbeit aufgrund des unregelmäßigen Schlafrhythmus und chronischen Melatoninmangels „wahrscheinlich“ krebserregend, weshalb die Einnahme von More Sleep vor Krebs schützen könne. Diese Aussagen sind an Dreistigkeit kaum zu übertreffen: Ob der Rückgang an Melatonin bei Schichtarbeiter*innen ein Grund für ein erhöhtes Krebsrisiko ist, ist nicht eindeutig erwiesen. Wolf konstruiert Zusammenhänge, für die es keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Die Werbung ist irreführend und manipulativ. Mittlerweile hatte dieses Angst-Marketing Konsequenzen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband forderte More Nutrition zu einer Unterlassungserklärung auf. Nach einem Gerichtsprozess wurden die Aussagen von der Webseite entfernt. Auf Instagram ist das Video trotzdem weiter verfügbar.