Alles fake? Frankreich bekämpft retuschierte Model-Fotos mit neuem Gesetz
In Frankreich, der Heimat der Super-Models, Modedesigner und Luxus-Marken, müssen von nun an alle Fotos, die nachträglich bearbeitet wurden, als solche gekennzeichnet werden. Egal, ob abgebildete Models dicker oder dünner, größer oder kleiner gemacht werden, seit Sonntag muss alles als „photographie retouchée“ gekennzeichnet werden. Wenn das nicht eingehalten wird, drohen Zehntausende Euro Strafe. Ein Grund, warum viele eindringlich auf die Verabschiedung dieses Gesetzes pochierten, waren die erschreckend hohen Zahlen, der an Magersucht verstorbenen Frauen in Frankreich. Unter den 15 bis 24-jährigen sind Essstörungen die zweithäufigste Todesursache. Um dem nun entgegen zu wirken, sollen Bilder, die ein falsches Bild der Realität vermitteln, gekennzeichnet werden.
Die Gesundheit der Models steht an erster Stelle
Frankreich geht es aber nicht nur um die Darstellung und Wirkung der Models in der Gesellschaft, sondern auch um deren Gesundheit. So müssen sich immer wieder bekannte Modehäuser und Luxusmarken, wie Saint Laurent, dafür verantworten, dass ihre Models in ihren Werbekampagnen zu dürr aussähen. Mit ein Grund, warum sich Models seit Mai in Bezug auf ihren Body-Mass-Index ärztlich durchchecken lassen müssen. Das soll einerseits gewährleisten, dass Models nicht in die Magersucht abrutschen, andrerseits sollen sie vor ihren Arbeitgebern geschützt werden, die immer dünnere Models für ihre Kollektionen verlangen. So würde ein Konkurrenzkampf um Gewicht und Aufträge entstehen.
Denn in der Gesellschaft gilt immer noch das Schönheitsideal des zärtlich schlanken Körpers. „Die zwei neuen Gesetzestexte verfolgen die Absicht, Einfluss auf die Körperwahrnehmung in der Gesellschaft zu nehmen, um damit die Verbreitung von absurden Schönheitsidealen, die gerade überhandnehmen, zu verhindern. Sie sollen junge Menschen vor der Magersucht bewahren“, sagt Marisol Touraine, französische Ministerin für Soziales und Gesundheit.
Wie nützlich ist das neu erlassene Gesetz wirklich?
Doch, ob das neue Gesetz wirklich die erhoffte Wirkung haben wird, ist noch unklar, da die neue Regelung nur für Werbungen gilt und nicht für Foto-Strecken in Magazinen und Zeitschriften. Diese sind aber die weitaus wichtigeren Aufträge und erst dadurch schaffen viele den Durchbruch. Um für diese Art von Auftrag weiterhin in Frage zu kommen, bleibt der Perfektionswahn und Schlankheitsdruck vorhanden. Ein weiteres Problem stellt die Kennzeichnung dar: Inwieweit der Leser auf retuschierte Bilder von Seiten des Magazins aufmerksam gemacht wird, oder ob die Kennzeichnung nur ganz klein gedruckt unten im Eck zu finden sein wird, ist noch unklar.
Jedoch hat eine der größten Bilddatenbanken, Getty Images, bereits angekündigt, keine Bilder mehr anzunehmen, bei denen die Körperform verändert wurde. Das ist mal eine echte Ansage, die wir nur gut heißen können und stellt eine erste Kettenreaktion dar, die durch das Gesetz ins Rollen kam. Getty Images ist in seiner Bedeutung kaum zu unterschätzen, denn die Bilddatenbank beeinflusst einen großen Anteil der Fotografie-Industrie. Wenn sie beschließt, von nun an keine Bilder mehr annehmen, die bearbeitet wurden, führt das vielleicht auch zu einem Umdenken bei anderen.
Frankreich geht, mit der Mode-Hauptstadt Paris, als Vorbild voran und vermittelt damit der Mode- und Werbeindustrie, dass es an der Zeit ist Verantwortung zu übernehmen, für die Menschen, von denen sie und ihre Branche abhängig sind. Die Verabschiedung dieses Gesetzes war auf jeden Fall schon längst überfällig und ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.