Lieber Hipster-Beutel als verschmutzte Meere

Von Melanie Wolfmeier

Wenn das so weiter geht, gibt es vielleicht bald ein neues Angebot im Last-Minute-Urlaubsbereich. Schließlich treiben fünf bunte, unbekannte Inseln durch die Weltmeere. Völlig unbesiedelt, komplett frei von Hotels und nervigem Touristenkram. Einziger Nachteil wäre nur, dass wir unsere nackten Luxuskörper anstatt auf butterweichem Sand auf stinkendem Plastik betten müssten.

Wir haben ein Problem. Ach was – wir haben tausend Probleme! Die Welt geht vor die Hunde, während wir über die metaphysischen Wehwehchen unseres Lebens philosophieren. Das macht jetzt nicht unbedingt viel Sinn, aber jedes Jahr weitere 200 Plastiktüten (pro Kopf!) in die Umwelt zu schmeißen auch nicht. Deshalb will die EU jetzt eingreifen – und schlägt vor, uns Umweltsündern bares Geld für den Griff zur Plastiktüte abzuknöpfen.

 

Geocaching im Ozean

 

Vergangenen August berichtete die Süddeutsche Zeitung über die Expedition des Spaniers Andrés Cózar, der mithilfe von Proben feststellen wollte, wie viel Müll wir tatsächlich schon in Poseidons Wohnzimmer abgeladen haben. Seine „Entwarnung“: statt den bisher geschätzten 500.000 bis 100 Millionen Tonnen seien es „nur“ 35.000. Eine Zahl, die sich gegen den Ideenansatz des 20-jährigen Holländers Boyan Slat verwenden lässt. Der nämlich wollte einen riesigen Kescher ins Meer bauen und so die schwimmenden Überreste unseres hirnlosen Verhaltens herausfischen, bevor sich Vögel und Fische den Magen damit vollstopfen. Die salzwassergetränkten Beweise unseres mangelnden schlechten Gewissens gegenüber Flora und Fauna wollte er recyclen und somit wieder zu Geld verwandeln. Was sich aber anhand der „bloß“ 35.000 Tonnen Müll laut Hochrechnung nicht rentieren würde.

Sämtliche Ozeanforscher aber empören sich gegen diese Idee. Die Lösung sei zu einfach, würde zu vielen Meeresbewohnern das Leben kosten und sei im Hinblick auf Strömungen und Monsterwellen niemals stabil genug zu errichten. Stattdessen würde das Projekt „The Ocean Clean-Up“ mehr Sinn an Flussmündungen oder Küstengebieten ergeben. Martin Thiel, Angestellter der Universidad Católica del Norte in Chile, sagte der Süddeutschen, dass man zunächst „Politiker und Unternehmen drängen [müsse], den ungeheuren Plastikkonsum zu drosseln.“

 

Lasst den Hipster in euch raus!

 

Genau dazu ist es bereits in Irland gekommen. Dadurch, dass Plastiktragetaschen etwas kosten, ist der Einsatz von Einwegtüten laut Zeit Online um 90 Prozent gesunken. Sogar im Land der roten Plastikbierbecher und Papptelller hat sich in Richtung Müllreduzierung etwas getan: In den USA, genauer gesagt in Kalifornien, wird den Bürgern gar keine Wahl gelassen – der umweltschädliche, künstliche Stoff wird einfach nicht mehr zu haben sein.

Tütenhersteller können das natürlich nicht auf sich sitzen lassen – sie drohen damit, Arbeitsplätze abzubauen. Sogar einen Volksentscheid wollen sie durch Werbekampagnen erreichen – das berichtete erst kürzlich Spiegel Online. Aber dass Werbungen voller Lügen sind und die Dollarzeichen in den Augen der Lobbyisten und Wirtschaftsriesen längst kein Geheimnis mehr sind, lässt diesen Volksentscheid hoffentlich im Sand verlaufen. Und auch wir hier in Europa sollten den Hipstern in uns freien Lauf lassen, die Plastiktüten einstecken, Jutebeutel umhängen – und die schönen Orte der Welt nicht in unserem Müll ersticken!