Mädchen hält Bierglas auf Volksfest nach oben

Söder Online: Der politische Aschermittwoch im Zeichen der Pandemie

Auch andere Parteien boten für ihre Online-Kundgebungen hochkarätige Personalien auf. Für die SPD sprach Olaf Scholz, der tatsächlich keine „Stimmungskanone“ war und sogar gänzlich auf Angriffe der politischen Konkurrenz verzichtete. Er sprach sich für mehr Respekt zwischen den Menschen und mehr Ernsthaftigkeit in der Coronakrise aus. Die wachsende soziale Ungleichheit und das Auseinanderdriften der Gesellschaft berieten ihm Sorgen.

Die Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, kritisierte die Bundesregierung  für die schlechte Zusammenarbeit in der Corona-Krise und forderte eine konsequentere Durchsetzung des Klimaschutzes.

Die AfD kritisierte Söder persönlich scharf und warf ihm vor, kleine und mittelständische Unternehmen mit Absicht zu zerstören.

Stimmen aus der Linken kritisierten hauptsächlich die Regierung, der FDP-Chef Lindner warf den Grünen vor, zu unkritisch geworden zu sein und sich mit Einschleimen ins Bundeskabinett bringen zu wollen.

Den Wettbewerb „Online-Tagung“ hat wohl die CSU gewonnen, mit Moderation, eingespielten Spots und Einblenden des Publikums kam tatsächlich so etwas wie eine Atmosphäre auf, die an Bierzelt erinnert. Ob der Wahlkampf dieses Jahr in diesem Format oder ähnlich weitergeht, bleibt abzuwarten. Sicher ist, im Jahr 2021 ist ein souveräer Online-Auftritt und Reichweite in den sozialen Medien wichtiger denn je zuvor für ein gutes Wahlergebnis.

Vielleicht war es für Passau ganz angenehm, dass es nicht von Tausenden angetrunkenen Konservativen erobert wurde. Vielleicht hat diese Pandemie auch in der Politik ihre Vorteile. Ein wenig mehr Sachlichkeit und mehr Überlegung, was gesagt wird. Denn von purer Selbstbeweihräucherung und Niedermachen der anderen kommen wir kein Stück weiter, auch wenn das sicher auch lustig sein kann. Natürlich ist es einfach, umringt von seinen Fans und Unterstützern, die jedes noch so kleine Wort feiern, sei das nun in Präsenz oder digital, Seitenhiebe gegen andere Parteien zu verteilen und sich selbst zu hypen. Eine politische Diskussion oder ein Austausch mit Kompromissfindung ist das jedoch in keinerlei Hinsicht. Ob der politische Aschermittwoch in der traditionellen Form notwendig ist oder geschmackloses Protzen, ist wohl eine Präferenzfrage. Einen Nutzen hat der Aschermittwoch aber sicher: Die Parteien und ihre Persönlichkeiten grenzen sich noch einmal sehr deutlich ab, reden Klartext, für welche Werte sie einstehen und was sie unterscheidet. Das kann besonders im Wahljahr für einige eine gute Orientierungshilfe sein.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Foto von Brett Sayles von Pexels