zwei Polizisten in Uniform von hinten, ein dritter Polizist sieht in die Kamera

Polizeigewalt: Neue alte Probleme

Erneut wurde eine Debatte über Polizeigewalt losgetreten. Nicht nur die USA, sondern auch Deutschland beschäftigen immer wieder strukturelle Probleme und Vorgehensweisen der Polizei. Was läuft schief und was hat es mit der „Cop Culture“ auf sich?

Was in Dortmund passiert ist

In Dortmund wurde ein 16-Jähriger von der Polizei mit einem Maschinengewehr erschossen. Bei dem Opfer handelte es sich um einen unbegleiteten Flüchtling aus dem Senegal, der wegen psychischer Probleme in Behandlung war. Nach Angaben der Polizei habe der Jugendliche die elf Beamten vor Ort mit einem Messer angegriffen, weswegen mit einem Maschinengewehr sechs Mal auf ihn geschossen und fünf Mal getroffen wurde. Man habe sich jedoch an die vorgeschriebenen Eskalationsstufen gehalten und zunächst ein Pfefferspray und einen Taser eingesetzt.

Ungeklärt ist jedoch, warum überhaupt ein Maschinengewehr gegen den Jugendlichen eingesetzt wurde, warum so viele Schüsse fielen und ob die Situation womöglich hätte deeskaliert werden können. Ein Polizist darf zwar schießen, wenn sein Leben in Gefahr ist, eine Maschinenpistole ist jedoch grundsätzlich nur für Terror- und Amokeinsätze gedacht, nicht für eine solche Notwehrlage.

Systematische Probleme der Polizei in Deutschland

Der Vorfall hat in Deutschland zu der erneuten Diskussion geführt, ob richtig gegen die Polizei ermittelt wird. Im Fall von Dortmund wird die Aufklärung von der benachbarten Polizeibehörde aus Recklinghausen übernommen. Wenn Kolleg*innen gegen Kolleg*innen ermitteln (müssen), können Fälle auch einmal unter den Tisch gekehrt werden oder es spielt zumindest unbewusst Sympathie eine Rolle. Genau das ist aber das Problem, wenn Anzeigen gegen Polizist*innen eingehen. Zwar existiert eine Zuordnung, nach der nicht dieselbe Behörde, die beteiligt war, ermitteln kann, jedoch ermittelt trotzdem Polizist*in gegen Polizist*in. Es gibt keine gänzlich neutrale beziehungsweise unabhängige und übergeordnete Ermittlungsinstanz. Selbst die Staatsanwaltschaft arbeitet eng mit den Polizeibehörden zusammen, sodass man sich teilweise gegenseitig kennt. Dies kann zu einem unangenehmen Interessenskonflikt führen. Auch Statistiken zeigen, dass Polizist*innen im Verhältnis zu den eingehenden Anzeigen, sehr selten vor Gericht stehen.

Auch ist problematisch, dass es lange tabu war, die Polizeiarbeit überhaupt kritisch zu hinterfragen, da Polizist*innen als Respektpersonen auftreten und die Bevölkerung üblicherweise zu den Beamten aufsieht. Natürlich existieren aber auch gegenläufige Tendenzen, wo Beamte mit Respekt von Zivilisten zu kämpfen haben. Nichtsdestotrotz fehlt es dem Handeln der Polizei häufig an Transparenz.

Cop Culture und Rechtsextremismus

Die „Cop Culture“ bezeichnet ein bestimmtes Wertesystem innerhalb der Polizei, es beinhaltet zum Beispiel Werte wie Selbstdisziplin, Tapferkeit, Loyalität und Zivilcourage. Nach dieser Theorie liegt eine Nähe der Cop Culture zur Gewalt vor, woraus sich ein Konflikt ergibt. Bestimmte Verhaltensmuster werden den Polizist*innen ansozialisiert und werden weniger vom Gesetz vorgegeben. In der Polizei haften danach auch viele Stereotype über Männlichkeit und andere Eigenschaften. Vieles müsste sich folglich an dem Selbstverständnis innerhalb der polizeilichen Institutionen ändern.

Auch sind rechtsextreme Tendenzen und Vernetzungen ein Problem. Nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei der Bundeswehr zeigen sich immer wieder verfassungsfeindliche Bestrebungen, die neu aufgedeckt werden. Wie kann es sein, dass Beamte einen Staat vertreten, die selbst nicht die Verfassung eben jenes Staates anerkennen?

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Bildquelle: Unsplash, CCO-Lizenz