Urlaub in Afghanistan: Wenn Blogger in Kriegsgebiete reisen
Urlaub inmitten eines Krieges? Reiseblogger*innen machen es möglich und scheinen leider den Ernst der Lage oftmals nicht zu erkennen.
Disclaimer: Der Artikel enthält subjektive Standpunkte der Autorin.
Momentan haben Schüler*innen in einigen Bundesländern in Deutschland noch Sommerferien. Daher fahren viele Familien mit ihren Kindern in den Urlaub, um sich ein wenig vom oftmals stressigen Alltag zu erholen. Es gibt aber auch Menschen, die sich Urlaub und Entspannung anders vorstellen – und zwar in Kriegsgebieten. Eine Dokumentation des SWR-Investigativformats „Vollbild“ macht nun auf Influencer*innen und Reiseblogger*innen aufmerksam, die in Länder reisen, in denen Krieg und Unterdrückung herrschen. Dabei teilen sie ihre Erfahrungen oft unreflektiert mit der Öffentlichkeit.
Die Perspektive eines Reisenden
Ein Beispiel stellt ein deutscher Reiseblogger namens Stephan Müller dar, der in der Dokumentation vorgestellt wird und sich zuletzt Ende 2022 auf einer einmonatigen Reise durch Afghanistan befand. Seine Erlebnisse während des Trips veröffentlichte er unter anderem in Form von YouTube-Videos, die bis heute insgesamt mehrere hunderttausend Aufrufe generieren konnten. Darin filmt er sich, wie er über die Märkte Kabuls läuft, sich mit Einheimischen austauscht und Mitgliedern der Taliban begegnet. Sein Reiseweg stand durch die dortigen Behörden stets unter Überwachung.
In einem seiner Videos unterhält er sich mit den Taliban, lässt sie in die Kamera sprechen und beschreibt sie als „nett und freundlich“. Einen Moment später spricht er ihre Bitte aus, Afghanistan als Land anzuerkennen und es zu einem „Teil der Internationalen Staatsgemeinschaft“ zu machen. Daraufhin wurde er innerhalb des SWR-Berichts mit der Frage konfrontiert, wieso er diese Inhalte nicht aus dem Video herausgeschnitten habe. Der Mann erklärt seine Entscheidung damit, dass er nur wenige Aufnahmen der Taliban habe, in denen sie überhaupt zu Wort kommen. Er habe zeigen wollen, was sie meinen.
„In Afghanistan habe ich versucht, nichts gegen die Taliban zu sagen, dass ich da keinen Ärger bekomme. (…) Sie sind ja nicht so schlimm, außer die Unterdrückung der Menschen.“
(Stephan Müller)
Die obige Aussage tätigte der Blogger im Rahmen eines Interviews der besagten Dokumentation. Mit Behauptungen wie diesen schafft er somit ein Bild, das der Realität in Afghanistan einerseits nicht entspricht. Andererseits relativiert er die politischen Umstände dort, die viele Teile der Gesellschaft bedrohen. Denn im Jahr 2021 kam es in dem Staat erneut zu einer Kontrollübernahme der radikalislamischen Taliban, die das Land seitdem auf gewaltsame Weise ihren Vorstellungen anpassen. Dazu gehört die Unterdrückung von Frauen und die Ermordung unzähliger Menschen, wobei sich die Lage stetig zu verschlimmern scheint.