Wieso wir uns immer noch für die Royal faszinieren.

“Royality TV“: Wieso uns die Royals immer noch faszinieren

Von Anke Waschneck

Endlich mal Prinzessin sein und jeden Tag schöne Kleider tragen. Wäre man nur Prinz – alle Frauen würden einem zu Füßen liegen. Wer hat sich das noch nicht gewünscht? Dabei könnte man meinen, Königshäuser wären veraltet und verstaubt, Könige und Königinnen machtlos und der Ruhm von einst wäre auch verflogen. Stimmt aber nicht, alles nur Klischees. Denn die Königsfamilien sind heutzutage beliebter und begehrter als eh und je. Jeder Schritt, den Kate macht, wird beobachtet, jede Handbewegung von der Queen interpretiert. Aber warum interessieren uns die Royals immer noch? Und wird es je eine Zeit geben, in der die alten Monarchien keine Bedeutung mehr haben?

 

Wenn unser Unterbewusstsein ins Spiel kommt

 

Tief in unserem Unterbewusstsein sind Könige und Königinnen als mächtige Regenten abgespeichert. Warum? Ganz einfach deshalb, weil wir als Kinder Geschichten wie Märchen vorgelesen bekommen und Disney-Prinzessinnen im Fernsehen bestaunen dürfen. Die Figuren haben feste Konnotationen und die Kinder-Geschichten gehen meistens gut aus, sodass wir etwas Positives damit verbinden.

Eine derartige Traum-Welt mit stetigen Figuren verankert Archetypen in unserem Bewusstsein. Wenn man älter wird, setzt das Verständnis ein, dass es sich bei all den Geschichten und Figuren um Fiktion handelt. Aber gleichzeitig wird einem auch bewusst, dass eine reale Version dieser Fantasie-Welt existiert: die europäischen Königshäuser. RTL-Royal-Experte Michael Begasse bringt es auf den Punkt: „Royale ‚Real Soap’ interessiert Millionen Leser und Zuschauer“.

 

Der königliche „We-Faktor“

 

Doch das ist erst der Anfang, warum wir Royals so gerne mögen. Die europäischen Königsfamilien – insbesondere die englische – vermitteln uns das Gefühl, zu ihr dazuzugehören. Wir erleben in den Medien Geburtstage, Hochzeiten, Schwangerschaften und Geburten mit, genau wie bei der eigenen Familie. Das schafft eine Form von Verbundenheit und ein besonderes Zugehörigkeitsgefühl. „Von Skandalen über Mode, bis hin zu Familiengeschichten bieten die modernen Royals einen großen „We-Factor“, ein sympathisches Wir-Gefühl“, erklärt Michael Begasse. Sie würden uns vorführen, dass sie auch nur ganz normale Menschen seien. Und wenn ein Großereignis wie eine Hochzeit stattfindet, dann möchte jeder natürlich teilhaben – und sei es nur vor dem Fernseher. Denn solche Ereignisse gehen in die Geschichte ein und wer möchte nicht einmal sagen können: „Ich war dabei“.

Und wo wir schon bei „modernen Royals“ sind, ist natürlich auch der Gedanke an das Einheiraten Bürgerlicher in die Königshäuser unumgänglich. Die Royals sind keine unantastbaren Menschen mehr, zu denen man aufschauen muss. Es bietet sich (hypothetisch) für jeden die Chance, in ein Königshaus einzuheiraten, und das macht die Royals umso sympathischer und interessanter. Das beste Beispiel dafür ist – einmal mehr – das englische Könighaus, wo Kate Middleton durch die Hochzeit mit William zur Herzogin geworden ist. Ein weiteres Paradebeispiel ist Prinz Daniel von Schweden, der vor seiner Hochzeit mit Victoria als ganz gewöhnlicher Fitnesstrainer arbeitete.

 

90 Jahre Durchhaltevermögen

 

Im Gegensatz zu der jungen Generation steht eine Monarchin wie Queen Elizabeth II., die immerhin schon stolze 90 Jahre alt ist. Aber auch sie spielt bei den Gründen für unser Royal-Interesse eine tragende Rolle. „[F]ür die allermeisten Leute, die in Europa leben, war die Queen auf dem Thron, als sie geboren wurden. Das ist also auch ein Stück Konstanz“, erläutert Prof. Dr. Gerhard Dannemann, der am Großbritannien-Zentrum der Berliner Humboldt-Universität tätig ist, in einem Interview mit „Deutschlandradio Kultur“. Eine derartige Beständigkeit verbindet, beruhigt und vermittelt Sicherheit.

 

Lady Di als Ausnahme-Prinzessin

 

Um eine Frau kommt man wohl nie herum, wenn man Königshäuser diskutiert: Diana. Sie war nicht konform, sie war die Prinzessin, die nicht reingepasst hat. Und spätestens mit ihrem tragischen Unfalltod ist sie zur Legende geworden. Das wirft die Frage auf, ob es seit Diana einen Interesse-Boom gegeben hat. Michael Begasse hat dafür eine simple Antwort: „Diana war die erste Royal, die verstanden hat, wie die Massenmedien funktionieren. Sie wurden von ihnen gejagt und benutzt, Diana selbst hat aber auch die Medien genutzt und sich in der Öffentlichkeit perfekt inszeniert.“

Das Schlüsselwort für unser Interesse heißt demnach „Massenmedien“. Die Royals wissen sich geschickt zur Schau zu stellen, damit sie unser Interesse wecken. Sie sind das mediale Aushängeschild des Landes und, wie Begasse erklärt, der „perfekte Werbeträger für die heimische Industrie“. Die Königshäuser vermarkten sich strategisch intelligent und ziehen unsere ständige Aufmerksamkeit auf sich. Zudem meint der Königshaus-Experte, dass sich die Zuschauer und Leser gerne in positive Nachrichten flüchten, die von „Hard-News-Themen ablenken“. Die Royals bedienen uns Nachrichten-Empfänger mit erfreulichen Meldungen, wodurch wir sie ein weiteres Mal sympathisch einordnen.

 

Die Royals-Politik

 

Politische Aufgaben haben die Royals kaum noch und trotzdem werden sie mit Staatsoberhäuptern verglichen. Das mag einerseits daran liegen, dass der politische Anspruch der Royals tief in unserem Denken verankert ist (Archetypen) und andererseits, da sie kulturelle Repräsentanten des Landes sind. Die Royals zu mögen ist politisch neutral, man muss sich nicht festlegen oder outen. Das kommt den Königsfamilien sicherlich zugute. Begasse weist darauf hin, dass Königshäuser, wenn sie politisch involviert wären, weit angreifbarer wären und daher stärker der berechtigten Kritik ausgesetzt.

Weiter schließt er: „Heute sind die Königinnen und Könige in Europa in demokratische Verfassungen eingebettet und sind eher beratend und repräsentierend als entscheidend tätig. Und das ist auch sehr gut so. Daher können sie auch neutrale Gesichter moderner Staaten nach außen sein und einende und verbindende Persönlichkeiten nach innen.“ Die Royals stehen demnach für den Wunsch nach kultureller Einheit. Dass eine Zeit kommen wird, in der sich niemand mehr für die Royals interessiert, bezweifelt Begasse. Dafür sind die Medien zu stark und die Gründe die Königshäuser zu mögen – wie der Artikel zeigt – eben doch zu präsent.

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Bildquelle: kinfung man via CC BY 2.0 und WeI-chieh Chiu via CC BY -SA 2.0