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Mit World of Warcraft zu besseren Schulnoten

Von Melanie Wolfmeier

Schüler können richtig ätzend sein. Lehrer auch. Egal, ob man der Idiot ist, der vorne steht oder derjenige ist, der vor jedem Ausfragen einen Nervenzusammenbruch erleidet – die Schulzeit ist, trotz vieler schöner Momente, nicht gerade etwas, was man unbedingt nochmal durchmachen wollen würde.

Am Ende des Jahres eine Fünf im Zeugnis stehen zu haben, fühlt sich scheiße an. Das mangelhafte Ergebnis ist zwar ersichtlich – nicht immer aber das Warum. Einen Lehrer aus Österreich hat genau das gestört. Um die Schüler schon während des Jahres zu besseren Leistungen zu bringen, hat Christian Haschek sich ein alternatives System einfallen lassen. Für positive Beiträge verteilt er Punkte, sammelt die Ergebnisse auf einer Online-Plattform und ermöglicht dadurch nicht nur Nachvollziehbarkeit, sondern steigert zudem die Motivation seiner Klassen.

 

Noten mit mehr Transparenz

 

Nicht nur Schüler leiden unter einem Schulsystem, das unserer Zeit nicht mehr entspricht. Mittlerweile haben 30 Prozent der im Bildungswesen Beschäftigten mit psychischen Problemen zu kämpfen. Die ständig steigende Zahl der Burnout-Fälle unter den Menschen, die die Generationen der Zukunft ausbilden sollen, kratzt die Politik aber wenig. „Keine einzige Regierungspartei hat das Thema Burnout explizit auf die politische Agenda gesetzt“, zitiert die Süddeutsche Zeitung Bettina Hannover, Expertin für Schul- und Unterrichtsforschung an der Freien Universität Berlin. Dabei wurde im April eine Studie über den Gemütszustand der Unterrichtenden veröffentlicht. Darin sind Aussagen zu finden wie „Ich glaube nicht mehr daran, dass ich die Schüler durch meine Arbeit positiv beeinflussen kann“ oder „Bei manchen Schülern interessiert mich nicht, was aus ihnen wird.“ Emotionale Erschöpfung und Desinteresse an der Zukunft der Kids, die sie doch aber mitprägen sollen.

Das Umdenken von Christian Haschek könnte hier zumindest ein erster Lösungsansatz sein. Mit seinem Bewertungssystem hat er bisher viele positive Erfahrungen gemacht. Drei Jahre schon stützt sich der Österreicher auf seine Methode, die er sich bei dem Game World of Warcraft abgeschaut hat. Wie auch in dem Online-Rollenspiel vergibt der Lehrer unterschiedlich hohe Punktzahlen für unterschiedliche Beiträge. Anfangen tut jeder Schüler mit 0 Punkten, was der Note 5 entspricht. Durch gute Hausaufgaben, mündliche Beiträge und Referate kann das Konto aufgestockt werden. Haben die Kids eine gewisse Zahl erreicht, klettern sie auf der Notenskala um eine Stufe nach oben. Dadurch, dass die Schüler ihre Punktestände online einsehen können, wissen sie, für welche Leistung sie welche Bewertung bekommen haben – und wieviel noch fehlt, um etwa von einer Drei auf eine Zwei zu springen.

 

Steigerung der Aktivität und Hilfsbereitschaft

 

Punktabzug gibt es bei Haschek nicht. Er will Selbstvertrauen aufbauen und nicht die Angst vor dem Versagen verstärken. Selbst, wenn jemand die Note Eins schon erreicht hat, hat Haschek noch gute Erfahrungen mit der aufgeschlüsselten Bewertung gemacht. Die Schüler, die die bestmöglichste Note erzielt hatten, waren weiterhin aktiv, fleißig beim Hausaufgaben machen und halfen auch anderen, besser zu werden. „Dies könnte auf etwas zurückzuführen sein, das ich ‚High Level Syndrome‘ nenne. Sie sind deutlich selbstsicherer, weil sie geschützt davor sind, zu scheitern“, zitiert der PULS Radiosender den Lehrer.

Lehrer, die ihren Schützlingen zeigen, wie genau sie sich verbessern können, vermitteln eher das Gefühl von Fairness als diejenigen, die Schüler bloß vor vollendete Tatsachen stellen. Wenn das österreichische Bewertungssystem so gut läuft, wie es der Erfinder auf seinem Blog beschreibt, kann diese spielerische Richtung nicht so verkehrt sein. Natürlich würden dadurch nicht sämtliche Probleme im Schulwesen gelöst werden. Aber Lehrer und Schüler einander näher zu bringen, den Noten ihren Schrecken zu nehmen und so ein besseres Klima im Klassenzimmer zu schaffen – das klingt doch nach einem guten Plan.

 

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Bildquelle: Mike Bogle unter CC BY 2.0