Was sagt ein weiblicher Pick-Up-Artist?

Spätestens seit dem Skandal um Julien Blanc sind Pick-Up-Artists zum Thema der öffentlichen Diskussion geworden, wie auch ZEITjUNG.de bereits berichtete. Motiviert aus dem Glauben daran, er wisse, wie er jede Frau auf der Welt ins Bett kriege, hatte Blanc im Netz fragwürdige und gewaltverherrlichende Videos hochgeladen. Auch in Seminaren in Berlin und München trat der US-Amerikaner schon mehrfach als Flirt-Coach auf und verbreitete seine Methoden in der Männerwelt.

Pick-Up – das ist die „hohe Kunst des Aufreißens“. Jedenfalls beschreiben es die Mitglieder der Szene so. Dabei geht es im Grunde um Anmachsprüche, Aussehen und Orte, an denen man am einfachsten Frauen antreffen kann. Typisch sind außerdem sektenähnliche Glaubensssätze, wie „Ich bin der Preis, den es zu erwerben gilt“, und eine eigenes Fachvokabular. Frauen werden zu einem Spielball, den der Künstler im „inner“ und „outer Game“ klar macht. Pick-Up-Artists in Foren nennen sich „Darkman“ und „AllStar“. Dadurch wird mehr als deutlich, wie geschmacklos die Mitglieder agieren. Doch was sagt eigentlich eine Frau in der Szene so?

Sophia Lierenfeld ist in Deutschland eine bekannte Frau in der Pick-Up-Szene. Eigentlich ist Lierenfeld Persönlichkeitstrainerin und Flirt-Coach für Männer und Frauen, hat sich jedoch auch einen Namen in der Aufreiß-Szene gemacht, wo sie für ihren kritischen Standpunkt geschätzt wird. Von den Methoden Julien Blancs ist sie entsetzt und hält die Videos im Netz für einen dämlichen und gefährlichen Versuch eines Marketing-Gags, wie sie in einem Interview mit dem Stern verrät. In ihren Augen können Pick-Up-Artists wie Blanc genau eines nämlich überhaupt nicht: Sex. „Ein Mann, der mit Frauen immer nur einmal Sex hat, lernt ja wenig dazu“, sagt sie gegenüber dem Stern.

„In der Szene gibt es sehr viele Männer, die unsicher sind oder verletzt und enttäuscht wurden. Ihnen kann Pick-Up helfen, überhaupt mit Frauen ins Gespräch zu kommen“, so Lierenfeld. Sie selbst hat der Männerwelt bereits Tipps zum richtigen Anmachen auf der Tanzfläche gegeben.

„Ich finde es völlig in Ordnung, wenn jemand sich in einer Lebensphase befindet, in der er sich sexuell ausleben will. Er sollte allerdings darauf achten, dass das Ganze ehrlich kommuniziert wird. Auch ein One Night Stand oder eine rein sexuelle Beziehung können großartig sein – wenn beide dasselbe wollen und sich damit gut fühlen“, so Lierenfeld. Wichtig sei auch, dass dabei gewisse Grenzen gewahrt werden, sagt sie gegenüber dem Stern.

Selbst beim Aufreißen geht es also um ein gewisses Miteinander und das ist laut Lierenfeld in der Pick-Up-Szene nicht immer vorhanden: „Leider geht es dort viel zu oft um die eigene Performance, dabei ist ein Flirt dazu gedacht, den anderen kennen zu lernen, sich aufeinander einzulassen und eine Verbindung aufzubauen – auch bei rein sexuellen Begegnungen. In meine Coachings kommen oft Männer aus der Pick-Up-Szene, die lernen wollen, sich wieder auf Frauen einzulassen und sich emotional zu öffnen.“

Bildquelle: Guian Bolisay unter CC BY-SA 2.0