Selbstgespräche: Schräge Eigenart oder grenzgenial?

„Wo habe ich denn jetzt den Schlüssel…?“ Vermutlich hat sich beinahe jede*r schon einmal dabei ertappt, mit sich selbst zu reden. Sei es, wenn wir die anstehenden Aufgaben des Tages vor uns hinmurmeln, leise über ein Missgeschick fluchen oder versuchen, uns an etwas Vergessenes zurückzuerinnern. Sind jedoch das heutige Wetter oder die Pläne fürs Wochenende Gegenstand etwaiger Selbstgespräche, können wir oft nur verwundert mit dem Kopf schütteln. Warum also sprechen wir überhaupt mit uns selbst und ab wann sollte man sich Sorgen machen?

Tatsächlich sind Selbstgespräche keine Seltenheit und weiter verbreitet, als wir es vielleicht im ersten Moment vermuten würden. Schätzungen der Forschung zufolge sind es sogar ganze 96 Prozent der Erwachsenen, die sich regelmäßig mit sich selbst unterhalten. Diese Verhaltensweise legen bereits Kinder an den Tag, denn sie sprechen besonders häufig mit sich selbst und verarbeiten dadurch ihre gemachten Erfahrungen. Dies geschieht größtenteils im Alter zwischen zwei und vier Jahren. Ab dem fünften Lebensjahr dann werden solche Monologe immer seltener und spielen sich schließlich größtenteils in der Gedankenwelt einer Person ab. Nichtsdestotrotz scheinen wir diese Angewohnheit nie so ganz abzulegen und wählen auch später noch gelegentlich uns selbst als Gesprächspartner*in unseres Vertrauens.

Tell me Why

Die Gründe, weshalb wir Selbstgespräche führen, sind ganz vielfältig und je nach Person unterschiedlich. Häufig dienen sie jedoch dazu, unsere Gedanken zu strukturieren oder sich über die eigenen Gefühle und Empfindungen klar zu werden. Auch bei wichtigen Entscheidungen vertrauen wir oft auf den Dialog mit uns selbst. Laut Psychiater und Psychotherapeut Dirk Wedekind können wir dadurch sogar bessere Entscheidungen treffen und reflektierter handeln. Außerdem soll unsere Konzentration und mitunter selbst unsere Leistungsfähigkeit positiv durch Selbstgespräche beeinflusst werden. Auch, wenn wir soziale Situationen durchspielen oder Selbstkritik üben, tendieren wir dazu, dies laut auszusprechen. Selbstgespräche können sich also durchaus positiv auf uns auswirken und dabei helfen, die ein oder andere Situation leichter zu meistern, indem wir wortwörtlich auf uns selbst hören.

Interessant zu wissen ist außerdem, dass Selbstgespräche nicht immer unbedingt laut ausgesprochen werden müssen, um als solche zu gelten. Ebenso zählen Dinge dazu, die uns „nur“ die innere Stimme in unserem Kopf mitteilt. Laut ausgesprochen sind die Effekte jedoch meist intensiver, da man sich zusätzlich noch auditiv wahrnimmt. Viele Menschen haben es sich auch schlichtweg angewöhnt, regelmäßig mit sich selbst zu sprechen. Das kann mitunter daran liegen, dass Menschen als hochkognitive Wesen im Grunde ständig neue Gedanken in sich tragen. Diese können unseren Mitmenschen allerdings nicht zu jedem Zeitpunkt mitgeteilt werden können. Daher tendieren Personen, die viel Zeit allein verbringen, stärker zu ausschweifenden Selbstgesprächen als solche, die häufig in Gesellschaft sind.