Selbstgespräche: Schräge Eigenart oder grenzgenial?

Alles kein Problem?

Wenn Selbstgespräche also so weit verbreitet sind und sich sogar positiv auf uns auswirken können, weshalb gelten sie dann noch immer eher als verpönt? Besonders, da fast jeder von uns hin und wieder zu Selbstgesprächen tendiert, scheint es widersprüchlich, dass wir trotzdem stets irritiert sind, wenn wir jemand anderen dabei beobachten. Psychologin Julia Hüwel vermutet, dass dieses Phänomen in erster Linie daher kommt, dass Sprache ein bedeutendes zwischenmenschliches Kommunikationsmittel ist. Wir nutzen sie, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und uns mit ihnen auszutauschen. Richtet jemand seine Stimme also an sich selbst, passt das im ersten Moment nicht so ganz in dieses Bild und wirkt eher seltsam. Hinzu kommt, dass Selbstgespräche häufig unbewusst ablaufen und wir uns dessen gar nicht immer bewusst sind. Daher wundern wir uns über die Selbstgespräche unserer Mitmenschen, ohne zu reflektieren, dass es genauso gut wir sein könnten, die mal wieder etwas Unverständliches vor sich hinplappern.

Nichtsdestotrotz können Selbstgespräche auch Formen annehmen, die sie zum Symptom von psychischen Erkrankungen oder Psychosen machen. Lässt sich die innere Stimme nur noch schwer kontrollieren oder vermittelt sogar irrationale Handlungsaufforderungen, wird dies für Betroffene zur Belastung. Auch der Drang, sich vermehrt oder sogar dauerhaft mit sich selbst zu unterhalten, weist auf einen ernsten Hintergrund hin. Vermeintlich harmlose Selbstgespräche können sich also auch zunehmend zur Bürde entwickeln und ab einem gewissen Grad durchaus gefährlich werden. In dieser Ausprägung haben Selbstgespräche also nichts mehr mit unbedarften Gedankenspaziergängen zu tun.

Ihr seht also: Wer sich hin und wieder auf einen kleinen Plausch mit sich selbst einlässt, kann durchaus davon profitieren. Solange gelegentliche Selbstgespräche keine psychische Belastung für uns darstellen, besteht daher kein Grund zur Sorge. Sich selbst gerne reden zu hören, muss also nicht immer unbedingt etwas Negatives sein.

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Bildquelle: Wilson Vitorino via Pexels; CC0-Lizenz