Fotos: Selbstliebe ohne Kompromisse

Kaum einer gibt es zu und doch scheint es ein ungeschriebenes Gesetz zu sein: Oberflächlichkeit  dominiert unsere Gesellschaft. Markenkleidung und Schönheits-OPs en masse sprechen da eine eindeutige Sprache. Krampfhaft wird versucht, den eigenen Körper zu perfektionieren – und das macht alles nur noch schlimmer. Warum versuchen wir einem gesellschaftlichen Standard zu entsprechen, der einem Irrglauben unterliegt?

„Wahre Schönheit kommt von innen“ – Das erkannte auch die Fotografin Anastasia Kuba irgendwann. Die gebürtige Russin ist mit ihren hellen Augen und blonden Haaren wohl genau das, was man im klassischen Sinne als „schön“ bezeichnet. In jungen Jahren wurde sie mit Komplimenten überhäuft und entwickelte ein enormes Selbstbewusstsein. „Ich war selbstbewusst, weil ich gut aussah“, erzählt sie der Huffington Post. Doch als sie beginnt, als Tänzerin zu arbeiten, wird sie immer häufiger auf ihr Aussehen reduziert.

 

Schönheit ist mehr als gutes Aussehen

 

Und sie beginnt sich zu fragen, ob sie sich ihrer selbst wirklich bewusst ist, sich tatsächlich liebt und das auch ausstrahlt. „Wie der Körper aussieht, sagt nichts darüber aus, wie sich die Person in ihren Körper fühlt“, erklärt sie. „Wie man sich fühlt und wie man aussieht, das sind zwei verschiedene Dinge. Auch wenn dir jemand sagt, dass du wunderschön bist, kann das keine Bedeutung haben. Es geht darum, wie sicher du dich fühlst.“

Selbstliebe und Akzeptanz: Für diese Themen will die Fotografin mit ihrer Serie „Nothing But Light“ die Menschen sensibilisieren. Sie fotografiert die unterschiedlichsten Leute – und die präsentieren sich einfach, so wie sie sind: Ohne Make-Up, ohne Klamotten. Vor allem der Aspekt des Nacktseins ist Kuba dabei wichtig, um die Menschen so angreifbar und ungeschützt wie möglich zu zeigen. Nichts mehr, hinter dem sie sich verstecken können, nur noch sie und ihr Körper. Genau das fällt vielen besonders schwer – denn unser Körper ist uns heilig.

 

Einige der Models wurden sexuell missbraucht

 

Vor allem jene, die in der Vergangenheit gedemütigt wurden, deren Grenzen bereits überschritten wurden, bauen irgendwann einen Schutzwall um sich herum auf und lassen niemanden an sich heran. Für „Nothing But Light“ fotografierte Kuba deshalb auch Menschen, die sich den Körper des anderen Geschlechts wünschen, oder Vergewaltigungsopfer, die sich seit dem unaussprechlichen Übergriff nicht mehr berühren lassen. Es sind Menschen, die sich unwohl fühlen.

Genau das will Kuba ändern. Ihre Models sollen während des Shoots lernen, sich wieder zu akzeptieren, ihren Körper anzunehmen und andere Menschen an sich heranzulassen. Dabei nimmt sie sich für jeden einzelnen mehrere Stunden Zeit, spricht mit ihnen über sich selbst und die Bilder. Die Zitate unter den Bildern stammen von den jeweiligen Models. Sie erzählen, wie sie das Leben mit ihrem Körper erlebten, wie sie sich oft selbst nicht ausstehen konnten – und wie es ihnen heute geht.

 

“When the shoot was over and we started to look at the photos, I commented on the first one, ‘I like this. It’s a quiet photo.’ Anastasia replied, ‘All of your photos are quiet photos. You’re a quiet person.’ Sometimes I forget that I am a quiet person. There is so much noise inside my head most of the time. I have a form of obsessive-compulsive disorder that is referred to as ‘Pure O,’ or purely obsessive, and I am constantly counting to myself. Syllables. Beats to music. Anything that can be quantified is processed by the eternal machine that runs silently inside me. This, coupled with post-traumatic stress disorder that fills my brain with so much fear and anger so much of the time, makes for a chaotic body in which to live. I have spent so much of the past year being so angry about and fearful of so many things, and then I got sick and had to slow down in order to better take care of myself.”

-Isobel