Bild zur Reformierung des Sexualstrafgesetzes

Was die Sexualstrafreform mit dem Ausweisungsrecht zu tun hat

Der Grundsatz „Nein heißt Nein“ soll künftig die sexuelle Selbstbestimmtheit prägen. Außer Frage steht, dass diese Reformierung unseres Sexualstrafgesetzes als ein Meilenstein in die Geschichte eingehen wird. Auch in den kommenden Jahrzehnten wird es zweifellos ein historischer Moment bleiben. Erstmals wird sexuelle Selbstbestimmtheit im Strafgesetzbuch konsequent umgesetzt. Wir freuen uns, dass der dringende Handlungsbedarf auch von der Regierung endlich erkannt wurde. Nachdem die Vergewaltigung in der Ehe erst 1997 strafbar wurde, ist es nun allerhöchste Zeit, auch weitere Punkte im Sexualstrafrecht zu reformieren. Traurig eigentlich, dass in unserer ach so modernen und fortschrittlichen Gesellschaft, ein „Nein“ zu sexuellen Handlungen erst jetzt rechtlich ernst genommen wird.

 

Warum wird das bestehende Gesetz reformiert?

 

Bundesjustizminister Heiko Maas argumentiert, dass unser bestehendes Sexualstrafgesetz „eklatante Schutzlücken“ aufweist. Derzeit kam es immer wieder zu Situationen, in denen eine Vergewaltigung nicht verurteilt wurde. Grund dafür war beispielsweise, dass keine eindeutige Drohung vom Täter ausgesprochen wurde. Dass eine Frau trotz vorliegender Vergewaltigung rechtlich machtlos ist, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Deswegen ist ein Überdenken der aktuellen Verhältnisse nur begrüßenswert.

 

Was soll verändert werden?

 

Grundsätzlich sollen diese „Schutzlücken“ nun endlich geschlossen werden. Im Strafgesetzbuch sollen zu den bereits bestehenden noch weitere Kriterien für einen strafbaren sexuellen Übergriff aufgeführt werden. Die sexuelle Selbstbestimmtheit soll dadurch weiter gesetzlich verankert werden. Dass dieser Gedanke ein Schritt in die richtige Richtung ist, steht außer Frage. Allerdings gibt es dennoch Kritiker.

 

Was gibt es zu kritisieren?

 

Zu erwarten war, dass Erzkonservative natürlich als erstes das Argument der „Falschbeschuldigung“ aufführen. Allerdings kann man dieses ganz schnell entkräften. Der unberechtigte Vorwurf einer Vergewaltigung konnte auch bisher erhoben werden. Dieser Tatbestand ist also bekannt und nicht neu. An einer Vergewaltigung sind zwangsläufig mindestens zwei Personen beteiligt, wodurch Aussage gegen Aussage steht. Da es wahrscheinlich in den seltensten Fällen Zeugen gibt, kommt es in erster Linie auf eine plausible und glaubwürdige Aussage an, wodurch auch in Zukunft „im Zweifel für den Angeklagten“ entschieden wird. Daran sollte diese wichtige Reformierung also nicht scheitern.
Kritisiert wurde auch, dass Fahrlässigkeit nun bestraft wird. Der Täter könnte den Willen der Frau nicht eindeutig erkennen und deswegen wäre eine Verurteilung ungerechtfertigt. Der arme Mann dachte also, dass die Frau total Spaß an dieser Angelegenheit hatte. Wie absurd diese Kritik ist, wird daran deutlich, dass bei jeglichen Delikten das Täter-Opferverständnis schwer zu erkennen ist. Beweisprobleme existieren häufig, weswegen in erster Linie die Glaubwürdigkeit der Aussage zählt. Außerdem wird im Gesetz ganz klar abgegrenzt, dass der Wille des Opfers „erkennbar“ sein muss. Demnach wird ein rein „innerlicher“ Wille ausgeschlossen. Durch die Reformierung reicht nun ein eindeutiges Wort wie „Nein“ aus, um einen Täter zu bestrafen. Ein „Nein“ sollte doch von jedem Menschen als ein eindeutig negatives Zeichen verstanden werden. Wer das nicht versteht, hat es auch verdient, bestraft zu werden.

 

Eine „perfide Taktik“ der Regierungsfraktion

 

Besonders linke Kritiker sehen die Reformierung als äußerst fragwürdig an. Grundsätzlich wird der Gedanke des neuen Sexualstrafgesetzes befürwortet, allerdings wird der Zeitpunkt der Veröffentlichung als „perfide Taktik“ der Regierungsfraktion aufgefasst. Ebenfalls verdächtig: Die CDU fordert eine Lösung für Taten, die aus der Menge heraus entstehen und bei welchen die konkrete Schuld eines Einzelnen schwer nachzuweisen ist. Eine Verbindung zu der Silvesternacht in Köln lässt sich an dieser Stelle erahnen. Auch das Aufenthaltsgesetz soll durch die Reformierung nämlich verschärft werden. Die Regierungsfraktion verweist ausdrücklich darauf, dass in Zukunft Sexualstraftaten „auch mit den Mitteln des Ausländerrechts zu ahnden“ seien. Bedenklich ist bei diesem Aspekt, dass in früheren Gesetzesentwürfe von diesem Punkt nie die Rede war. Man könnte der Regierung nun also vorwerfen, dass diese die aktuelle Gina-Lisa Medienbrisanz nutzt, um die Aufenthaltsrechte über einen Umweg zu verschärfen. Die Tatsache, dass der Bedarf einer Reformierung des Sexualgesetzes schon lange vorhanden ist und nun ganz plötzlich gehandelt wird, bestärkt diese Argumente natürlich.

 

Ist das Gesetz nun doch nicht ganz so begrüßenswert?

 

Natürlich ist eine Verschärfung des Sexualgesetzes nicht nur aus feministischer Alice-Schwarzer-Perspektive positiv zu bewerten. Diese Reformierung war schon längst überfällig und wir sind alle froh, dass wir diese Veränderung noch erleben durften.
Allerdings bleibt fragwürdig, inwiefern die Regierung den feministischen Grundsatz „Nein heißt Nein“ missbraucht, um unbemerkt das Ausweisungsrecht zu verschärfen. Zusätzlich lässt einen das Gefühl nicht los, dass irgendwie indirekt davon ausgegangen wird, dass solche Straftaten hauptsächlich von Menschen begangen werden, die vom Ausländerrecht eben auch betroffen wären.

 

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Bildquelle: Titelbild: tertia van rensburg unter CC 0 Lizenz