Frauen werden für ihre Sexualität oft verurteilt

Sexy vs. sexualisiert: Warum der Unterschied riesig ist

Die Bedeutungen von „sexy“ und „sexualisiert“ werden fälschlicherweise oft miteinander gleichgesetzt: Wo liegt der Unterschied? Ein wütender Kommentar.

Disclaimer: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Meinungsbeitrag, der subjektive Standpunkte der Autorin enthält.

Es war ein warmer Sommerabend im Juli. Meine Freundinnen und ich waren in der Stadt unterwegs. Tagsüber hatte es über 30 Grad. Wir trugen alle einen Rock. „Hey.“ Eine Stimme wurde laut. Sie gehörte zu einem von zwei Männern, die ein paar Meter hinter uns liefen. „Schöne Röcke“, rief er. Wir reagierten nicht. Es war einer der Momente, in denen man nichts tat, außer stur geradeaus zu blicken. Die beiden Männer sagten noch irgendwas, ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Als wir wieder nicht reagierten, wurden sie wütend. „Ihr stinkt eh nach Fisch“, riefen sie dann. „Weil ihr euch von allen f*cken lasst.“

Für viele Frauen ist es keine Seltenheit, auf diese Weise sexualisiert zu werden. Es ist normal angehupt, angepfiffen, angesprochen oder sogar angefasst zu werden. Meistens reicht es schon, ein enges Top zu tragen oder nur eine Banane zu essen. In solchen Momenten fühle ich mich schlecht und unwohl. Ja, sogar beschämt. Und ich bin mir sicher, dass es vielen Mädchen und Frauen ähnlich geht. Das macht mich wütend. Wieso fühlen wir Scham? Schämen sollte sich ja schließlich die Person, die sich übergriffig verhalten hat. Aber die fühlt sich in den allermeisten Fällen wie der größte Macker. Unbesiegbar.

„So kannst du nicht rausgehen“

Aber wie sollte es auch anders sein? Wie sollen wir diese Strukturen besiegen, wenn uns niemand kämpfen lassen will? Wie sollen wir lernen damit umzugehen, wenn uns zum Versteckspiel geraten wird? „In den Klamotten nimmt dich aber keiner ernst“, „So kannst du nicht rausgehen“ und „Zieh lieber einen Cardigan drüber“ sind nur ein paar Beispiele dafür. Als Frau wächst man mit dem Gefühl auf, dass die eigene Sexualität ein Problem darstellt. Weibliche Lust ist kein Thema. Wie man mit der männlichen Lust umgeht, ist es dafür ständig. Und das geht so: Im Schwimmunterricht keine Bikinis anziehen, in der Schule keine Tops. Denn das würde die Jungs nur ablenken. Als ich einmal von einem Mann dumm angesprochen wurde, hieß es nur „Ja, das kommt davon, wenn man so ein rotes Kleid trägt“. Schuld – eine beliebte Waffe der Unterdrückung.

Dass Frauen sexualisiert werden, ist nichts Neues. Wieso sage ich das alles denn nun überhaupt? Ganz einfach: Weil damit ein Missverständnis einhergeht, das es unbedingt zu beseitigen gilt. Denn Frauen, die sich freizügig zeigen, hören oft folgende Fragen: Wieso kleiden sie sich so, wenn sie doch so emanzipiert sind? Wieso unterwerfen sie sich damit dem Geschmack der Männer? Wieso sexualisieren sie sich selbst? Eigentlich sollten diese Fragen für jeden aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts leicht zu beantworten sein. Sie kleiden sich so, weil sie es können. Weil sie sich aktiv und selbstbestimmt dafür entscheiden. Ein Befreiungsschlag, betrachtet man die Kleiderordnung der letzten Jahrhunderte. Freizügigkeit ist Emanzipation. Menschen, die das anders sehen, kennen den Unterschied zwischen sexual und sexualized nicht.