Alles nur Hokuspokus? Was ist dran an Astrologie? Bild: Pexels

Sternzeichen statt Gottheiten: Warum glauben so viele an Horoskope?

Gerade schaue ich die letzte Folge der Netflixserie „Astrologischer Leitfaden für gebrochene Herzen“ an und frage mich, was ist eigentlich dran an den Sternzeichen? Warum glauben so viele Menschen an Waage, Skorpion und Co.?

Ich meine, auch ich wurde schon häufig mit meinem Horoskop konfrontiert. Ob in Zeitschriften, bei der WG-Suche (weil jemand wissen wollte, was ich für ein Sternzeichen habe) oder einfach nur mal aus Neugierde. Tatsächlich habe ich das nie richtig ernst genommen. Kann ja jeder machen, besoffen Sterne miteinander verbinden. Doch dann stieß ich auf die Videoreihe Astrolinski der deutschen Schauspielerin Palina Rojinski – ihren Sternenführer für die nächsten Tage. Dort gewährt sie ihren Follower*innen anhand der Sterne und Planeten einen Blick in die Zukunft. Als ich dann die Kommentare darunter las, war ich verblüfft darüber, welchen hohen Anklang die Videos bei den Follower*innen fanden. Anscheinend glaubten mehr Menschen an die Macht der Sterne, als ich bisher dachte. Doch der Mythos rund um die 12 Sternzeichen scheint im Trend zu sein. Laut einer Befragung von YouGov glauben in Deutschland vor allem die Jüngeren (zwischen 18 und 24 Jahre) mit etwa 61% an die Macht der Horoskope. Bei den Ü55-Jährigen sind es immerhin 30%.

Darüber wollte ich mehr wissen. Also las ich mir mein eigenes Sternzeichen noch einmal genau durch. Und war erneut verwundert darüber, wie präzise es zu mir passte. Ein Zufall?

Sternzeichen und Wissenschaft

Die Wissenschaft positioniert sich, was die Astrologie angeht, ganz klar. Demnach gibt es keinerlei Belege, die die Existenz dieser Schicksalsmächte beweisen. Tatsächlich untermauern einige Studien das Gegenteil. So zum Beispiel der bekannte „Barnum-Effekt“. Bertram Forer, der maßgeblich zum Erfolg des Effekts beigetragen hatte, ließ Student*innen einen Persönlichkeitstest ausfüllen. Bei der Auswertung machte sich der US-Psychologe die schwammigen Aussagen der Horoskope zunutze und gab den Teilnehmenden als Ergebnis eine Charakterbeschreibung, die bei allen bewusst identisch ausfiel. Hinterher sollten die Student*innen auf einer Skala von 1 (nicht passend) bis 5 (perfekt passend) angeben, wie gut die Auswertung auf sie zutraf. Das Ergebnis war verblüffend: Es erreichte eine Punktzahl von 4,26 Punkten.

Was bedeutet das?

Horoskope verwenden oft eine Bandbreite von Aussagen, die Wünsche, Grundannahmen und Ängste beinhalten, die die meisten Menschen betreffen. Durch bipolare Aussagen wie z.B. „Sie sind eine mutige Person, die oft die Initiative ergreift, zugleich aber auch eine schüchterne Seite hat“ fällt es schwer, sich nicht angesprochen zu fühlen. Grundannahmen werden also am laufenden Band von den Leser*innen individualisiert und auf den eigenen Charakter übertragen. Diese Wirkung wird oftmals noch verstärkt, indem beispielsweise Ängste angesprochen werden, über die im Alltag kaum geredet wird. Dadurch entsteht eine Form von Intimität und die Leser*innen bekommen den Eindruck, als wäre der Inhalt individuell auf sie zugeschnitten. Gleichzeitig fällt uns meist auch eher das auf, was zu uns passt, als das, was nicht zutrifft. Wir lesen die Zuschreibungen also gar nicht neutral, sondern mit einer gewissen Vorerwartung. Am Ende suchen wir uns das heraus, was am besten zu dem Bild passt, das wir von uns selbst haben. Denn es tut gut, sich mit etwas identifizieren zu können und zu wissen, warum man ist, wie man ist. Auf der Suche nach Selbstbestätigung finden wir also Horoskope, die unsere Stärken preisen und unsere Schwächen legitimieren. Die Welt wird dadurch reduziert und gleichzeitig um eine Erklärung reicher.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass…

…wir in den Horoskopen eine Alternative zu den geläufigen Religionen suchen. Denn wir leben in einer Gesellschaft, in der die religiöse Einstellung immer weiter abnimmt. In meinem Bekanntenkreis zumindest glaubt kaum noch jemand an den Allmächtigen. In einer gottlosen Welt scheinen Tierkreiszeichen und Aszendenten die Lücke zu füllen, die die Religionen hinterlassen haben. Es scheint, als kämen wir nicht mit einer Welt zurecht, die keinen Zauber hat und uns keine Antworten über den Grund unseres Seins liefert. Es ist nun einmal immer leichter, die Verantwortung einfach wegzuschieben, die Fragen gleichsam abzugeben und sich gemütlich auf die Couch zu lümmeln. Doch wem sollte man das zum Vorwurf machen? Denn ist es nicht so, dass wir am Ende des Tages alle an irgendetwas glauben? Seien es Horoskope, Heidegger, Nietzsche, Wiedergeburt oder an nichts?

Die Realität entsteht im Kopf. Also lasst uns doch schauen, dass wir uns eine coole Realität ausmalen, in der es Spaß macht zu leben! Solange es niemandem schadet, ist doch alles in Butter, oder?

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Bildquelle: RODNAE Productions auf Pexels; CC0-Lizenz