Studie Ernährung Übergewicht

Studie: Größerer Teller gleich größerer Appetit

Fettleibigkeit ist ein Massenphänomen, das mittlerweile bedrohliche Ausmaße annimmt: Jeder dritte Mensch auf dieser Erde ist übergewichtig. Auch in Deutschland sind mittlerweile mehr als die Hälfte aller Männer und Frauen zu dick. Vor allem der Vergleich zu früher erscheint grotesk: Im Jahr 1975 waren nur 3,2 Prozent der Männer und 6,4 Prozent der Frauen fettleibig;  2014 sind es bereits jeweils 10,8 und 14,9 Prozent. In Deutschland liegt es vor allem daran, dass 80 Prozent aller Männer und Frauen täglich mehr Fett zu sich nehmen, als die von Ärzten empfohlene Menge. Aber woran liegt das? Warum können sich so viele nicht beherrschen, selbst wenn sie gerade ernsthaft versuchen, weniger zu essen? Sind wir urplötzlich von ungezähmtem Heißhunger geplagt, den wir einfach nicht unterdrücken können?

Wohl kaum. Doch die These, die Forscher aktuell aufstellen, klingt zunächst ebenfalls völlig absurd: Sie begründen das Massenphänomen Fettleibigkeit neuerdings in unserem Geschirr. Speziell Teller und Tassen sind in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen – und mit ihnen unsere Portionen.

Tatsächlich ähneln normale, flache Teller aus den 50ern eher unseren heutigen Beilagentellern, während damalige Beilagengeschirr optisch Untersetzern gleichen. Die Unterschiede sind auch messbar: Ein Teller ist heutzutage circa 28 cm breit – damals waren es höchstens 25.

 

Eine Portion bleibt eine Portion

 

Aber ist das wirklich ein Indiz dafür, dass wir automatisch mehr essen? Der Psychologe Brian Wansink führte einige Experimente durch, die genau das beweisen: „Die meisten Menschen glauben sie sind immun dagegen, und tappen doch immer wieder in die Falle.“, schreibt er in seinem Buch Mindless Eating: Why we eat more than we think. Größerer Teller – riesigere Portion. Und wenn wir essen, unterscheiden wir kaum zwischen klein und groß. Das ist die große Illusion, der wir Wansink zufolge alle unterliegen.

Denn dadurch fällt es immer schwerer, zu erkennen, wann es genug ist. Tatsächlich ist das ein Schritt, den uns nur kleine Kinder voraushaben: Bis zum Alter von drei oder vier Jahren hören die Kleinen instinktiv auf zu essen, wenn sie satt sind. Im Kleinkindalter ist es aber schon wieder vorbei mit der Selbstregulierung. Amerikanische Forscher konnten dieses Phänomen mit einer Studie bestätigen: Sie servierten Dreijährigen kleine, mittelgroße und große Portionen Käsemakkaroni. Egal welche Portion sie gerade vor sich hatten –  sie aßen immer wieder die exakt selbe Menge Nudeln. Als die Wissenschaftler wiederum Fünfjährigen das Essen vorsetzten, aßen diese um einiges mehr, als ihnen die große Portion serviert wurde.

 

Weniger ist eben nicht mehr

 

Schneller, weiter, größer: Der Mensch ist nun mal ein Luxussüchtling, er will von allem etwas, aber vor allem zu viel. Deshalb werden die Portionen nicht nur größer – früher wog ein amerikanischer Muffin nur 85 Gramm, heute sind es bereits 130 – sondern auch ungesünder: Ein vor Käse triefendes Pizzastück kann mit seinem Kalorienreichtum schon den ganzen Tagesbedarf abdecken.

Die meisten Menschen stehen eben nicht so auf den minimalistischen Lebensstil, ziehen Überfluss dem bewussten Verzicht vor. Außerdem ist es schon ein bisschen gemein, uns nun genau das anzukreiden, was uns jahrelang beharrlich eingetrichtert wurde – dass wir brav aufessen sollen, was auf dem riesigen Teller liegt.

 

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Bildquelle: Nirzar Pangarkar unter CC 0 Lizenz