U-Boot-Katastrophe: Warum uns die „Titan“-Story stärker erschüttert als ertrinkende Flüchtlinge

Am Sonntagvormittag verschwand die „Titan“, nun die traurige Gewissheit: Die US-Küstenwache fand Trümmerteile des U-Boots, welches wohl plötzlich implodiert ist. Die fünf Passagiere, die im U-Boot zum Wrack der „Titanic“ aufgebrochen waren, sind höchstwahrscheinlich dabei gestorben.

Disclaimer: Der Artikel enthält subjektive Standpunkte des Autors.

Dass überhaupt Überreste gefunden wurden, ist einer aufwendigen Such- und Rettungsaktion zu verdanken: Es wurden Schiffe, Flugzeuge, ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge, Tauchroboter und andere Gerätschaften eingesetzt. Sowohl die USA als auch Kanada beteiligten sich an der Suche.

Dieser enorme Aufwand und das – sowohl mediale als auch gesellschaftliche – Interesse für auf offener See verschollene Menschen ist aber eher eine Anomalie: Jährlich sterben oder verschwinden hunderte bis tausende Menschen – allein im Mittelmeer. Sie fliehen vor Armut, Umweltzerstörung, Unterdrückung oder Krieg und Gewalt – Hilfe und Mitgefühl halten sich ihnen gegenüber aber oft in Grenzen.

Warum eigentlich?

Neben weit verbreiteter Ausländerfeindlichkeit gibt es auch andere Faktoren, die unsere Wahrnehmung verzerren können. Psychologin und Neurowissenschaftlerin Grit Hein sagte der Deutschen Presse-Agentur gegenüber, dass der eigene Hintergrund eine Rolle spielen kann.

„Mitgefühl und Empathie nimmt mit gefühlter Nähe oder auch Ähnlichkeit zu einer betroffenen Person zu.“

Sie könne sich vorstellen, dass wir uns den Personen, die in einem U-Boot zum Wrack der „Titanic“ aufbrechen näher fühlen als Menschen, die ihre Heimat etwa wegen Krieg oder Hunger verlassen. Bei Menschen, die diese Erfahrung selbst machen mussten, sieht die Sache natürlich ganz anders aus.