Veganes Essen

Die größten Mythen über vegane Ernährung

Die Vorstellung fortan fleischlos zu essen, ruft bei vielen Menschen den Gedanken an ein entbehrungsreiches, spaßbefreites Leben hervor. Dreht es sich in einem Gespräch auch noch um die konsequenteste Form dieses Ernährungskonzeptes – den Veganismus – sind sie sogleich mit einer Menge klischeehafter Vorurteile zur Stelle. Doch was ist dran an den hartnäckigen Mythen über vegane Ernährung?

Mythos Nr. 1:
Wer sich vegan ernährt, darf nur noch Kraut und Rüben essen

Es ist richtig, dass sich Veganer ausschließlich von pflanzlicher Kost ernähren und alle Produkte tierischen Ursprungs meiden. Doch der Verzicht auf Fisch, Fleisch, Eier, Honig und Milch sowie daraus hergestellte Erzeugnisse muss nicht zwangsläufig mit eingeschränktem Genuss, einseitigem Speiseplan und Mangelernährung einhergehen. Wer sich eingehend mit dem Konzept der veganen Ernährung befasst, findet schnell heraus, dass es erstaunlich viele Alternativen zu „verbotenen“ Zutaten gibt.

So lässt sich die Kuhmilch in Koch- und Backrezepten relativ problemlos gegen Reis- oder Mandelmilch austauschen, für Käse oder Fleisch ein aus Nüssen oder Weizeneiweiß gewonnener Ersatz finden und statt herkömmlicher Sahne ein Sojaprodukt verwenden. Selbst für auswärtiges Essen bieten sich zahlreiche Alternativen: Wer nicht direkt in ein vegetarisches oder veganes Restaurant gehen möchte, wird bei jedem Asiaten fündig. Hier werden kaum Milchprodukte verwendet und fast immer Gemüse- oder Tofu-Gerichte angeboten.

Mythos Nr. 2:
Fleischlose Kost macht schlapp und träge

Diese Aussage mag auf Personen zutreffen, die sich nur mangelhaft mit diesem Ernährungskonzept auseinandergesetzt haben. Wie viel Energie in einem überzeugten Veganer stecken kann, beweist der „Strongest Man“ 2011, Patrik Baboumian. Der aus Armenien stammende Kraftsportler ist trotz oder gerade wegen seiner ausschließlich veganen Ernährung Träger zahlreicher begehrter Titel. Darüber hinaus errang Baboumian mehrere Weltrekorde in verschiedenen Disziplinen. Einen im Wortsinn kraftvolleren Beweis für die Energie, die fleischlose Kost liefern kann, gibt es wohl nicht.

Mythos Nr. 3:
Alle Veganer leiden früher oder später an Mangelerscheinungen

Es stimmt, dass herkömmlich essende Menschen einen Großteil lebenswichtiger Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente aus Fleisch und Milcherzeugnissen beziehen. Umso wichtiger ist es, tierische Produkte durch sinnvolle Alternativen zu ersetzen. So lassen sich Eisen und Zink aus Hülsenfrüchten oder Vollkornprodukten gewinnen. Für die Aufnahme von herz- und nervenstärkenden Omega-3-Fettsäuren (täglich etwa 0,25 g) empfehlen Experten den Verzehr linolensäurereicher Öle und Nüsse. Eine noch effektivere Quelle stellen jedoch EPA- und DHA-reiche Algenöle dar. Nährstoffe, für die es bei rein pflanzlicher Ernährung keine Alternative gibt, können dem Körper über speziell zusammengesetzte Präparate zugeführt werden.

Diese Empfehlung greift auch – und vor allem – in Bezug auf die Zuführung von Vitamin B12, welches verschiedene Funktionen im Körper aufrecht hält. So spielt es für die Zellteilung und die Blutbildung sowie für die DNA-Synthese und das Nervensystem eine wichtige Rolle. Weil sich das natürliche Vorkommen des Vitamins fast ausschließlich auf tierische Produkte wie Leber und Innereien, Fisch, Eier und Käse beschränkt, besteht bei rein pflanzlicher Ernährung eine große Gefahr der Unterversorgung. Diese kann zu typischen B12-Mangel-Erkrankungen wie megaloblastärer Anämie.

Darüber hinaus kommt es überdurchschnittlich häufig zu einer Schädigung des Nervensystems, welche sich unter anderem durch Sensibilitätsstörungen, die Schwächung von Reflexen und psychische Beschwerden bemerkbar macht. Obwohl Meeresalgen gemeinhin als ausgezeichneter B12-Lieferant gelten, liegen über die Verwertbarkeit im menschlichen Organismus noch keine ausreichenden Forschungsergebnisse vor. Daher rät der „Vegetarierbund Deutschland e.V.“, die täglich benötigte Menge von 3 µg Vitamin B12 über ausreichend supplementierte Präparate aufzunehmen.

Mythos Nr. 4:
Vegane Ernährung ist wider der Natur

Schließlich zählt der Mensch zu den Allesfressern, hat durch Fleischverzehr ein größeres Gehirn entwickelt und konnte durch die Aufnahme von Milchprodukten in lichtarmen Regionen siedeln. Doch diese Ernährungsgewohnheiten haben die Evolution weniger vorangetrieben als vielfach angenommen. Weitaus mehr Einfluss hatten die Nutzbarmachung des Feuers und die Fähigkeit, Stärke mittels Speichelenzymen aufzuspalten. Zu diesem verblüffenden Ergebnis kamen Wissenschaftler der „University of California“ in Santa Cruz.

In diesem Zusammenhang wiesen sie darauf hin, dass die nächsten tierischen Verwandten des Menschen sich fast ausschließlich von Pflanzen ernähren. Ein Schimpanse nimmt 90 Prozent seiner Nahrung in Form von Früchten, Blättern und Blüten zu sich, die restlichen 10 Prozent bestehen überwiegend aus ölhaltigen Samen und Pflanzenmark. Davon ausgehend, dass das menschliche Erbgut zu 99 Prozent mit dem des Primaten übereinstimmt, ist vegane Ernährung also alles andere als unnatürlich.

Mythos Nr. 5:
Vegane Lebensmittel sind teuer

Diese Feststellung trifft lediglich auf speziell für Veganer produzierte Fertigprodukte und Fleischersatz zu. Doch in der Regel kommen diese Dinge bei gesundheitsbewusst lebenden Menschen ohnehin selten auf den Tisch. Wer saisonale Obst- und Gemüsesorten oder Grundnahrungsmittel wie Reis, Brot und Nudeln kauft, gibt dafür nicht mehr Geld aus als jeder andere.

Bild: madame.furie unter cc-by-sa 2.0