Verlieben ist leicht, Liebe ist schwer
Verlieben und Lieben
Was also bleibt vom Verliebtsein übrig? Man könnte sagen: Wenig bis nichts, denn obwohl die Kennenlernphase oder die Kurzfassung davon in 36 Fragen, für jede Beziehung dringend notwenig ist, bleibt am Ende keine Möglichkeit zurückzuspulen. Der Film wird leider nur genau einmal gezeigt. Wenn er vorbei ist, müssen wir hoffen, dass wir entweder, streberhaft mitgeschrieben haben und uns an unseren Notizen festklammern können – oder, dass aus Verliebtheit echte Liebe geworden ist. Diese Liebe kann dann, im Gegensatz zu unseren halbgaren Erinnerungen, wirklich halten. Dafür bekommt man dann im Zweifelsfall eine waschechte Beziehung.
Polygamie ist schlecht für’s Herz
Eine Erklärung dafür fehlt uns leider noch: Liebe kann genauso schnell kommen, wie sie dir schnell und schmerzhaft die Tür vor der Nase zuschlagen kann. Was in Zukunft aber helfen kann: Die, wenigstens für den Moment, richtigen Entscheidungen treffen und wenn es dann trotzdem nicht geklappt hat, beim nächsten Mal andere Entscheidungen treffen. Dass es kein Rezept für Liebe gibt, ist vollkommen klar: Wie in einem guten Gespräch gehören auch in einer guten Beziehung immer zwei Menschen dazu. Jeder der Involvierten nimmt zu genau fünfzig Prozent an dieser Beziehung teil. Versäumt einer der beiden seinen Teil der Arbeit zu erledigen, kommt es, wie in einem Gespräch zu peinlichem Schweigen oder unbeholfenen Sturzbächen von Worten bei dem anderen Partner. Übersetzt in die Beziehungssprache: Ein stilles Entfernen oder ein tränenreicher Abschied.
Seit Ghosting gesellschaftsfähig ist, scheint unsere Generation die Angst vor Abschieden genommen zu sein. Ist ja auch einfacher geworden: Sie finden einfach nicht mehr statt. Ganz einfach die Nachricht des Partners zu der letzten Nachricht des Partner werden lassen. Der andere ist vollkommen machtlos und du schon längst wieder auf Tinder unterwegs. Die Tendenz, dass Lieben eventuell noch schwieriger geworden ist, als vielleicht noch vor ein paar Jahren, ist also auch auf unsere Beziehungsverhalten zurück zu führen, das sich durch die unbegrenzten Möglichkeiten verändert hat. Und trotzdem sind die meisten von uns nach wie vor auf der Suche nach der großen Liebe. Nach einer gewissen Zeit setzt sich auch bei dem wildesten Liebhaber der Polyamorie ein gewisses Verlangen nach einer Person ein, die nur für einen selbst da ist. Schon alleine, weil Polygamie das Risiko für Herzkrankheiten um ein Vierfaches erhöht.
Das Fazit: Beim nächsten Verliebtsein an Mandy Len Catron denken und ein, zwei richtige Entscheidungen treffen. Was richtig und was falsch ist, kann dir natürlich niemand sagen. Und deshalb bleibt die eine unbequeme Wahrheit weiterhin an unserer Seite: Große Liebe ist das größte Mysterium, das Sudoku mit Schwierigkeitsgrad 500 und das am festesten geschlossene Marmeladeglas unseres Lebens.