Die „Vier-Tage-Woche“ in Deutschland: Zu schön um wahr zu sein?

Die Vier-Tage-Woche verspricht mehr Freizeit durch weniger Arbeitstage. Doch bedeutet das wirklich weniger Arbeitsstress?

Der Debatte um die „Vier-Tage-Woche“ kam vor allem in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit zu. Viele Menschen befürworten das Konzept. Auch eine Berufe-Studie der HDI aus dem Jahr 2022 hat ergeben, dass sich damals über drei Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland für eine Einführung des neuen Arbeitsmusters ausgesprochen hatten. Allerdings geht mit den Diskussionen oftmals die Frage um eine mögliche Lohnsenkung einher, die ein Großteil der Arbeitenden wiederum nicht mit sich vereinbaren kann.

Das Konzept der Vier-Tage-Woche

Derzeit gibt es zwei Formen der Vier-Tage-Woche. Bei der ersten Form überträgt sich die bereits bestehende Arbeitszeit auf nur vier Tage. Im Falle einer 40-Stunden-Woche wären Arbeitnehmer*innen dann statt acht Stunden pro Tag zehn Stunden tätig. Die zweite Variante verspricht eine Verringerung des Arbeitsvolumens, was bedeutet, dass die tägliche Stundenanzahl erhalten bleibt, obwohl ein Werktag wegfällt. Idealerweise würde dies bei vollem Lohn funktionieren, es kann jedoch auch in einer Gehaltskürzung resultieren.

Ein Fortschritt für die Arbeitswelt?

Großbritannien hatte es sich im Februar 2023 zur Aufgabe gemacht, das System an insgesamt 61 Unternehmen zu testen. Auch wenn ein Lohnausgleich nicht in allen teilnehmenden Firmen gegeben war, fiel das Experiment sehr positiv aus. Unter den Arbeitenden konnte man sowohl die Abnahme von Stress als auch eine allgemein größere Zufriedenheit im Dienst beobachten. Die Krankheitstage der Angestellten nahmen um 63% ab und ebenso arbeiteten sie in der kürzeren Zeit effizienter.

Die Studie spricht demnach für die Einführung einer Vier-Tage-Woche und auch unabhängig davon scheint sie verlockend vorteilhaft zu sein. Sie kann zu einer besseren Work-Life-Balance führen, weshalb die Menschen mehr Freizeit zur Verfügung hätten, die sie in Hobbys oder soziale Kontakte investieren könnten. Denn nicht selten kommen Freund*innen und Familie sowie die eigene Erholung im stressigen Arbeitsalltag zu kurz. Das neue Konzept hingegen könnte, wie die britische Studie bereits zeigte, mehr Entspannung, weniger Fehlstunden und daher auch eine ansteigende Produktivität mit sich bringen.

Philipp Frey ist Arbeitsforscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und unterstützt das Modell. Nach ihm würde dies nämlich auch die Gleichstellung von Frau und Mann fördern. In heterosexuellen Beziehungen ist es noch immer recht üblich, dass nach der Geburt eines Kindes der Mann für das Einkommen der Familie verantwortlich ist. In dem Fall stünde Männern mit der Vier-Tage-Woche mehr Zeit für ihre Kinder zur Verfügung. Gleichzeitig könnten Frauen mehr arbeiten und sich finanziell unabhängiger machen.